Heute vor 31 Jahren, am 10. November 1989 war zumindest in der DDR nichts mehr wie es war. Es war nicht mehr und nicht weniger passiert, als dass die DDR-Führung die Mauer geöffnet hat. Dass das jemals passiert und dann auch noch ganz friedlich, damit hatten sicherlich weder Berufsoptimisten, noch der damalige BRD-Kanzler Helmut Kohl, noch die DDR-Staatssicherheit gerechnet.
Alle, die damals schon bewusst gelebt haben, werden ihre eigenen Erinnerungen an diesen Tag haben. Vor allem viele Berliner machten sich an diesem Tag auf, einmal den goldenen Westen zu inspizieren. Das galt im Übrigen auch für viele Bürgerrechtler. Als ich an diesem Vormittag des 10. November 1989 ins Büro des „Neuen Forum“ kam, war dort nur eine Stallwache anwesend. Sonst wuselte es da vor Menschen, doch nun waren auch die alle im Westen.
Mich zog es nicht dahin, denn ich hatte mit der Maueröffung eines meiner größten Privilegien verloren – die Möglichkeit, tagtäglich in den Westen zu fahren. Nein, ich war kein Stasispitzel, ich war nicht einmal Rentner. Ich war schlicht die Begleitperson meines schwerbehinderten Vaters und kam so im April dieses geschichtsträchtigen Jahres zu einem Pass. Mit dem wurde mir die Ausreise auch nach Westberlin ermöglicht – und ich nutzte das so oft es nur ging, also fast täglich.
Ich durfte also in den goldenen Westen. Ich konnte mir meine 100 D-Mark Begrüßungsgeld abholen und die Stadt erkunden, die ich bisher nur aus dem Fernseher und vom Blick vom Fernsehturm aus kannte. Ja, der Westen war heller, lauter, quirliger. In den Geschäften gab es gefühlt alles und vieles, was ich gar nicht genau kannte. Doch mit 100 D-Mark in den Händen fühlte ich mich wie mit Ostmark im Intershop. Ich hatte Glück und konnte mir relativ viele D-Mark als Haushaltshilfe verdienen. Die Menschen waren großzügig und ich lernte das normale Westberliner Leben kennen.
Und es passiert, was ich so nicht gleich erwartet hatte, der erste und der zweite Lack waren ganz schnell ab. Die Leute hatten alle Sorgen, es gab Bettler und sauber war auch der Westteil der Stadt nicht. Ich war nicht wirklich enttäuscht, aber schnell auf dem Boden der Tatsachen. Zumindest war der Westen nicht der Himmel auf Erden, auch wenn ich jeden Abend nach dem Passieren der DDR-Grenze wieder merkte, dass Ostberlin vom Himmel eben doch noch viel weiter vom entfernt war. Was die beiden Teile verbindet, wurde ich damals gefragt und ich antwortete immer: Die Menschen, die sind hier und da mit ihrem täglichen Leben, mit ihren täglichen Freuden und Sorgen beschäftigt.
Ja und ich? Ich war wie schon gesagt mein Reise- und Einkaufsprivileg los. Ich arbeitetet weiter in Berlin-West, denn es war ja noch nicht soweit, dass wir die D-Mark in der Hand hielten. Und, ich trieb ein Projekt voran, mit dem einige Freunde und Mitstreiter gerade beschäftigt waren. Wir wollten eine kleine Zeitung, ein Mitteilungsblatt des „Neuen Forum“ herausbringen. Ich fuhr also zum Büro der Grün-Alternativen Liste, den Westberliner Grünen, und fragte nach, ob ich 600 Kopien von der schon erstellten Zeitung machen könnte. Man war völlig baff und musste erst einmal Papier kaufen gehen. Doch schon am nächsten Tag verkauften wir unser Blättchen für 50 DDR-Pfennige und uns wurde das aus den Händen gerissen. Wir hatten niemand gefragt und demzufolge auch keine Genehmigung, aber wer brauchte die auch damals.
Heute vor 31 Jahren begann also, was man als meinen journalistischen Werdegang bezeichnen kann. Ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer für mich.
Ein großer Schritt oder eher ein großes Vergnügen ist heutzutage das Frühstück mit der Besten Frau der Welt.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Leo, Andrea, Andreas, Jens, Ted
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Vor 31 Jahren
… war nichts mehr, wie es war
Veröffentlicht am: 10.11.2020
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