In den kommenden Tagen habe ich ein Termin in meinem Finanzamt in Cottbus. Der Treffpunkt lautet: Goethepark, zweiter Weg links, unter der Trauerweide.
Nein, das stimmt selbstverständlich nicht, denn im Goethepark gibt es keinen Wlan-Hotspot. Quatsch, das weiß ich nicht einmal. Doch ob das so kommt? Warum nicht, schließlich sind ja auch mehrere Politiker auf den geisteskranken Vorschlag gekommen, den Schulunterricht doch nach draußen zu verlegen. Die Begründung unter anderem: Frische Luft tut gut und draußen steckt man sich weniger an als in Innenräumen. Das ist ja auch der Grund, warum es jetzt bundesweite Ausgangsbeschränkungen geben soll. Ich frage mich, von wem wir da eigentlich regiert werden. Wie sagte meine Mutter immer? Alle in einen Sack gesteckt und draufgeschlagen – es trifft immer die richtigen.
Wenn die Politiker, die sich ja viel lieber mit ihren Machtspielchen beschäftigen, das ernst meinen mit dem Unterricht im Freien, warum gehen sie und die Beamten – siehe Finanzamt – nicht mit gutem Beispiel voran? Warum verlegen die nicht wirklich ihre Arbeitsstellen in die Parks, Wälder oder Sportplätze? Warum tagt der Bundestag nicht im neben dem Reichstag gelegenen Berliner Tiergarten? Warum nicht? Na draußen ist es entweder zu kalt oder zu warm, es kann regnen, es gibt weder Tisch noch Stuhl und der Internetzugang ist auch kaum garantiert. Dazu kommt, dass jeder zusehen kann – und welcher Politiker, welcher Beamte möchte das schon.
Aber, den Kindern mutet man das zu – wenn vielleicht auch nicht bei jedem Wetter. Wobei, so neu ist das mit dem Unterricht unter freiem Himmel auch nicht. Millionen Kinder in der Dritten Welt werden ohnehin kaum in geschlossenen Räumen, in denen man die Fenster nicht öffnen kann, unterrichtet. Die dortigen Wellblechschulen haben gar keine Fenster.
Und, ich habe schon eine fortschrittliche Klasse samt Lehrerin in Cottbus beobachtet, die genau das gemacht haben – Unterricht im Freien. Wie mir die Lehrerin erzählte, ist das keine Flucht aus der virusverseuchten Schule, sondern man sei unterwegs, um sich den Kirchen der Stadt – und davon hat Cottbus einige und sehr alte – zumindest von Außen zu nähern. Das ist – das kenne ich doch irgendwie – sozusagen die Vorarbeit für den Unterricht im Homescooling, in dem dann ein Aufsatz dazu geschrieben werden muss.
Da sage noch, dass der Osten, dass die Lehrer dort der Entwicklung hinterher hinken. Wobei, auf solche revolutionären Ideen sind schon meine und die Lehrer meiner Eltern gekommen.
Die Beste Frau der Welt und ich kommen nun aber nicht auf die Idee, unser Frühstück nach draußen zu verlegen. Doch die Idee mit dem Finanzamt im Park finden wir beide gut. Meine Bearbeiterin auf der einen und ich auf der anderen Seite der Wippe auf dem Spielplatz? Da bleibt die gute Frau immer über mir.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Odetta, Hildegund
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Und das Finanzamt wartet im Park
Ein irrer Vorschlag mit Folgen
Veröffentlicht am: 20.04.2021
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