Autos? Um Gotteswillen! Das ist das Fortbewegungsmittel von Uropa. Heute sind Lastenfahrräder angesagt. Für die soll es nach Ansicht der Grünen möglichst auch eine Kaufprämie geben – wenn die Herrschaften denn an der nächsten Bundesregierung beteiligt sein sollten.
Geschafft haben sie aber schon mal, dass die Lastenfahrrad-Nummer Verbreitung in den Medien fand. Und damit haben sie auf alle Fälle die erhoffte Aufmerksamkeit bekommen.
Nur darum geht es. Wie ernst es den Grünen damit ist, spielt eine nachgeordnete Rolle. Gleichermaßen verhält es sich mit Studien- und Umfrageergebnissen. Hauptsache Schlagzeilen. Vordergründig scheint es ein Geschäft mit der Wahrheit zu sein. Könnte man glauben. Die Rede ist von Meldungen im täglichen Nachrichtenbrei, die tatsächliche oder angebliche Stimmungen, Ansichten oder Trends wiedergeben. Genau weiß man es als Leser zumeist nicht. Oftmals sind darin Botschaften versteckt, mit denen gezielt Stimmung gemacht und eine Richtung vorgegeben werden soll. Ganz wichtig auch: Die sich für den Stammtisch eignen.
Wie etwa diese Nachricht: Das Auto verliert an Anziehungskraft für junge Erwachsene. Dies betrifft sowohl den Autobesitz als auch die Autonutzung in der Bevölkerungsgruppe der 18- bis 30-Jährigen. In der Detailanalyse zeigt sich, dass besonders die jungen Autofahrer in Deutschland ihr Verkehrsverhalten geändert haben und immer öfter den öffentlichen Nahverkehr gelegentlich nutzen. Diese Meldung stützt sich auf eine Studie des Instituts für Mobilitätsforschung, München – eine Tochtergesellschaft des BMW-Konzerns.
Die Meldung stammt aus 2011. Der Gegenschnitt dazu aus dem Januar 2021: Der Mobility Consumer Index 2020 des Beratungsunternehmens Ernst Young (EY) kommt in einer Befragung von mehr als 3300 Konsumenten (in neun Ländern, auch Deutschland) zu dem Ergebnis, dass das eigene Auto der neue Trend ist. Fast ein Drittel derjenigen, die kein eigenes Auto besitzen, beabsichtigt den baldigen (Elektro-)Autokauf. Laut Umfrage ist das eigene Auto der neue Trend. 45 Prozent aller Erstautokäufer werden der jüngeren Generation angehören, der 24- bis 39-Jährigen. Sicher nicht zuletzt auch aus Sorge, sich in anderen Verkehrsmitteln mit Covid anstecken zu können.
Nun kann man anführen, dass sich innerhalb der Spanne von zehn Jahren, von 2011 bis 2021, die Verhältnisse und Ansichten immer stark verändern können. Mag sein. Aber bei der Bewertung dieser völlig gegensätzlichen Aussagen muss berücksichtigt werden, dass es gerade in der vergangenen Dekade jede Mengen von Anti-Auto-Kampagnen gegeben hat – und noch immer gibt. Das heißt mit anderen Worten, dass die politisch-ideologische Verteufelung des Autos in der Bevölkerung nicht wirklich greift. Zwar dürften viele das Abgas- und Stauproblem des Autos entsprechend kritisch sehen, weil es heute zum guten Ton gehört, auch dazu eine Meinung zu haben.
Dass dies jedoch offenbar nur opportunistische Schminke ist, beweisen neueste Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes. Danach hat die Zahl der Pkw in Deutschland von 42,3 Millionen 2011 auf 48,2 Millionen 2020 zugenommen. Das ist ein Plus von 14 Prozent. Die Statistiker erklären sich das damit, dass der Trend in den privaten Haushalten in den letzten zehn Jahren zum Zweit- und Drittwagen geht. Ob die Anti-Auto-Ideologen jetzt aufwachen und endlich kapieren, dass ihnen das Volk mehrheitlich nicht folgen mag? Nö, weitermachen und diese Tatsachen noch nicht mal ignorieren.
Ein anderes Ergebnis aus dem Füllhorn der Studien und Umfragen: Der Trend zur Elektromobilität leitet einen Umbruch für die gesamte Autobranche ein, lautete eine Meldung im ausgehenden Sommer 2021. Das ist so „neu“ wie die Tatsache, dass es jeden Morgen hell wird. Klar, es ist immer alles im Fluss. Eine deutliche Veränderung im Geschäft mit der Mobilität zeichnet schon seit Jahren ab. Genau genommen seit 1886, als mit dem ersten Auto der Welt, dem Benz-Motorwagen, die komplette Umkrempelung des Verkehrssektors in Gang kam und sich nach und nach die Pferdekutschenbetreiber entweder umstellen mussten oder daran bankrott gingen. Weil die neumodische Erkenntnis auf einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte fußt, fand sie ihren Weg dennoch in die Öffentlichkeit.
Warum die Verbreitung solcher Mumpitz-Studien in Zeiten der täglichen Newslawine normal geworden ist, lässt sich leicht erklären: Studien- oder Umfrageergebnisse besitzen einen wissenschaftlichen und damit einen irgendwie erhellenden und kompetenten Charme, der sogleich auf das Medien-Transportband gelegt wird. Auch, wenn bei Licht betrachtet oftmals weder ein Mehrwert besteht noch saubere Wissenschaftlichkeit die Grundlage ist. Und übersehen wird dabei oder es ist sogar gänzlich unbekannt, dass über diese Schiene nicht nur manipulierte Botschaften im Deckmäntelchen vermeintlicher Wahrheit unters Volk gebracht werden, damit lässt sich auch trefflich Geld verdienen. Sogar mit staatlicher Subventionierung. Wie Pilze nach einem starken Regen sind in den letzten Jahren Umfrage-, Forschungs- oder Beratungsinstitute aus dem Boden geschossen, die wie auch immer geartete Untersuchungsergebnisse aus verschiedenen Fachgebieten massenhaft auf den Nachrichtenmarkt werfen.
Wobei es vor allem auf die Etiketten „Studie“ oder „Umfrage“ ankommt. Denn damit soll der Eindruck einer angeblich unzweifelhaften Wissenschaftlichkeit des Ergebnisses erweckt werden. Bei genauer Betrachtung kann man allerdings hier und da Zweifel bekommen. Eine Studie, die privat finanziert wird, verfolgt meist ein klares Ziel: Aufmerksamkeit. Unseriös muss sie deswegen zwar nicht sein. Auch sind gesponserte Studien methodisch nicht unbedingt schlechter gemacht als nicht gesponserte, wie Analysen zeigen, zumal beispielsweise Pharmafirmen ganze Abteilungen beschäftigen, die sich nur um die Methodik kümmern. Trotzdem kommen gesponsorte Studien tendenziell häufiger zu positiven Resultaten*. Beispielsweise wurde 2015 in den OECD-Ländern die Forschung und deren Ergebnisse zu rund 68 Prozent über Industriefirmen finanziert. 18 Prozent kamen von Universitäten und elf Prozent wurden staatlich bezahlt. Nur zweieinhalb Prozent entfielen auf gemeinnützige Organisationen.
Gründe, warum solchen Arbeiten mitunter nicht zu trauen ist oder mit welcher Absicht sie durchgeführt und veröffentlicht werden, gibt es genug:
Weil es für die Finanzierung in vielen Fällen staatliche Zuschüsse gibt, die man — gleich welches Ergebnis — abgreifen will.Wahrscheinlichkeit: hoch.
Weil tatsächlich oder auch nur scheinbar repräsentative Ergebnisse von Umfragen Trends/Mehrheiten aufzeigen oder verstärken sollen. Wahrscheinlichkeit: hoch.
Weil sich Institutionen verpflichtet haben, eine bestimmte Anzahl von Studien pro Jahr zu erzeugen und zu veröffentlichen. Nicht selten fehlt gegen Jahresende noch die eine oder andere, weswegen sich auf die schnelle ein Studien- oder Umfragethema ausgedacht wird, um die an die Veröffentlichungszahl gebundene staatliche Förderung zu erhalten. Geschieht das nicht, besteht das Risiko, dass diese Bezuschussung reduziert oder gestrichen werden könnte.
Wahrscheinlichkeit: hoch. (aum/Harald Kaiser)
Weil der jeweilige Auftraggeber mit den Ergebnissen aus Selbstdarstellungsgründen in die Medien will, um Aktivität zu dokumentieren, Aufmerksamkeit zu bekommen und überdies in irgendeine Richtung Stimmung zu machen.
Wahrscheinlichkeit: hoch.
Weil mit den Ergebnissen von Umfragen oder Studien insbesondere in Wahlkampfzeiten politische oder wirtschaftliche Einflussnahme erreicht werden soll.
Wahrscheinlichkeit: sehr hoch.
Weil mit Hilfe einer unvoreingenommen Tiefen-Analyse eines Sachverhaltes die objektive Wahrheit herausgefunden werden soll.
Wahrscheinlichkeit: kommt vor.
Oder eine Mischung aus den genannten Gründen.
Wahrscheinlichkeit: unklar.
Auch die Methodik der Fragestellung spielt keine kleine Rolle. Es gibt eine Reihe von Tricks, die Auftraggeber – sowohl staatliche wie private – anwenden, um ein Studienresultat zu beeinflussen. Dies passiert bei weiten nicht bei allen Studien – ist aber möglich. Die Schweizer Agentur „Scitec Media“ in Winterthur hat 2019 zusammengestellt, wie mitunter bei Befragungen/Studien vorgegangen wird:
Es werden Fragen gestellt, deren Antwort nur Ja sein kann. Zum Beispiel: Nehme ich ab, wenn ich weniger esse? Natürlich! Es werden minderwertige Vergleichsprodukte ausgewählt und dargestellt, um wahrscheinlicher zu machen, dass die eigenen Produkte besser abschneiden.
Es werden nicht repräsentative Stichproben mit zielgenau ausgesuchten Teilnehmern verwendet. Zum Beispiel: Für eine Diät werden nur Leute untersucht, die sowieso schnell abnehmen.
Wenn sie das Gewünschte erbringt, wird die Studie oft mehrmals publiziert: Zuerst mit Einzelergebnissen zu wenigen Fragestellungen und dann als Übersicht über das gesamte Thema.
Ein Auftraggeber veranlasst solche Überblicksstudien nur solange, solange es nicht zuwiderlaufende Studien gibt. Ein Getränkehersteller würde also beispielsweise einen Überblick anfertigen lassen, wenn der Großteil der bisher veröffentlichten Studien zum Schluss kommt, dass ihr Süssgetränk nicht dick macht. Andernfalls natürlich nicht.
Studien benutzen auch die Sprache, um zu verschleiern. So geben sie zum Beispiel der Kurzzusammenfassung oft einen positiven Dreh, obwohl ein negatives Resultat herausgekommen ist.
Auftraggeber lassen gerne auch statt einer Studie eine Umfrage durchführen – weil diese keine wissenschaftlichen Standards erfüllen muss. Gleichwohl werden sie zumeist mit dem Etikett „repräsentativ“ deklariert. Dies ist ein Instrument der PR-Industrie. Solche Umfragen werden entweder persönlich, telefonisch oder online geführt.
Wenn das Studienresultat nicht wie gewünscht ausfällt, verschwindet die Studie in der Schublade.
Ob gewollt oder ungewollt, Vater Staat fördert mindestens zum Teil dieses Studien- und Umfrage-Unwesen sowie die damit oftmals auch verbundene politisch/ideologische Instrumentalisierung der Ergebnisse. 2020 hat die Bundesregierung unterm Strich 19,5 Milliarden Euro über alle wissenschaftlichen Disziplinen hinweg für Forschungsunterstützung ausgeschüttet. Das geht aus dem Förderkatalog der Bundesregierung vom September 2021 hervor. Von der Milliardensumme flossen 812 Millionen Euro dem Reizthema Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zu. Den Löwenanteil davon ging an die (Zitat) „hochschulfreie Forschung“ – 639 Millionen Euro. Weitere 115 Millionen Euro wurden an Hochschulen, 46 Millionen Euro an die forschende Wirtschaft und 11 Millionen Euro an sonstige Forschungseinrichtungen verteilt. Interessant wäre nicht nur zu erfahren, welche Institutionen mit „hochschulfreier Forschung“ gemeint sind, sondern auch, wie viel Steuergeld alleine als Art Veröffentlichungsprämie geflossen ist. Zu beiden Punkten steht leider nichts in der Zusammenstellung.
Da die Ergebnisse solcher Studien oder Umfragen für die Medien meist kostenlos sind, werden sie rasch und vor allem oft ungeprüft verbreitet. Das Nachhaken wird im Nachrichtengeschäft oft deshalb unterlassen, weil es Zeit und Geld kostet. Sollte sich überdies herausstellen, dass der Auftraggeber/Finanzier mit den Ergebnissen verdeckte politische Absichten verfolgt, müsste man diese entweder nennen oder aber die Nachricht in den Müll werfen. Doch das ist meist deshalb nicht gewollt, weil man dadurch womöglich eine peppige Nachricht und damit Aufmerksamkeit verlöre.
Mit welchen Kniffen dabei operiert wird, lässt sich prima am Umgang mit Zahlen demonstrieren: Hat sich zu einer Frage die Sachlage stark verändert, dann bleiben (verräterische) konkrete Zahlen oftmals unerwähnt, stattdessen werden Prozentangaben gemacht. Etwa bei der Diskussion um ein Autobahntempolimit. Hat sich beispielsweise auf einem Teilstück des Autobahnnetzes die Unfallzahl verdoppelt hat, dann ist oft die Rede davon, dass sich die Unfallquote dort um 100 Prozent erhöht hat. 100 Prozent mehr! Das macht Eindruck, sorgt für Entsetzen und schnell zu der Stammtisch-Meinung, dass wegen der Raserei nun ein Tempolimit hermüsse. Dass die Verdopplung aber sowohl eine von 1 auf 2 wie auch von 1000 auf 2000 sein kann, wird verschwiegen. Denn eine Erhöhung um 100 Prozent klingt dramatischer und ist damit eine Nachricht.
Übrig bleibt dies: Weil die Mehrheit der Bürger die Wahrheit solcher Inhalte weder überprüfen kann noch will oder auch weil kritisches Nachdenken anstrengend ist und süffige Schlagzeilen dazu stattdessen einfach zu konsumieren sind, setzen sich diese Nachrichten in den Köpfen fest. Je öfter sie eingehämmert werden, desto wahrer werden die Botschaften. Schließlich bürgt der Absender ja mit einem klangvollen Namen und Seriosität. So entstehen Trends, die mitunter in Wahrheit keine sind, deren vorgetäuschte Richtigkeit sich immer weiter verfestigt, je mehr darüber berichtet und geredet wird.
Foto: Auto-Medienportal.Net/Harald Kaiser
Die Stimmungsmacher
Kommentar von Harald Kaiser,Auto-Medienportal.Net
Veröffentlicht am: 20.09.2021
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