Könnte ein französisches Konzept den vor sich hin dümpelnden Absatz von Elektroautos in Deutschland in Schwung bringen? Ja, meinen Verbraucherverbände und verschiedene Politiker. Die Rede ist vom sogenannten Sozialleasing. Was verbirgt sich dahinter und ist es eine Strategie, die sich auch in Deutschland als erfolgreich erweisen kann?
Im vergangenen Jahr ist der Absatz von Elektroautos hierzulande deutlich eingebrochen. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wurden lediglich rund 380.600 reine E-Fahrzeuge im Jahresverlauf neu zugelassen. Gemessen am Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um rund 27,5 Prozent und damit mehr als ein Viertel. Auch der Anteil der Elektroautos an allen Neuzulassungen nahm 2024 im Vorjahresvergleich von 18,4 auf 13,5 Prozent ab. Dagegen kauften die Deutschen wieder vermehrt Verbrenner, und auch die sogenannten Hybride fanden bei den Verbrauchern mehr Zuspruch.
Das ist nicht im Sinn der Politik, die bekanntlich im Hochlauf der Elektromobilität die erfolgversprechendste Maßnahme sieht, um den Klimaschutz im Verkehr voranzubringen. Deshalb suchen die politisch Verantwortlichen hierzulande nach geeigneten Mitteln, um den Absatz von Elektroautos anzukurbeln und zugleich der heimischen Automobilindustrie unter die Arme zu greifen. Im eben zu Ende gegangenen Wahlkampf stritten die Parteien munter darüber, wie E-Autos gefördert werden sollten. Denn eins steht für Branchenkenner fest: Das Aus der staatlichen Umweltprämie für Elektroautos zum Stichtag 18. Dezember 2023 trug erheblich zu dem Absatzrückgang bei den Stromern bei. Und auch wenn die Automobilhersteller mit Rabatten lockten, waren die Absatzzahlen des Vorjahres nicht zu erreichen.
Die Flaute auf dem E-Automarkt hierzulande ist allerdings nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet, dass die heimischen Hersteller bevorzugt die höheren Preissegmente bedienen, wie Marktbeobachter feststellen. „Es fehlen insbesondere günstige und alltagstaugliche Modelle für den Massenmarkt“, zitiert der MDR Philipp Mathey vom Automobil-Club Verkehr (ACV). All diese Faktoren, plus der Intransparenz bei Ladepreisen und der Bedenken hinsichtlich der Reichweite von E-Autos sowie der Lebensdauer der Akkus, hätten die Kaufinteressenten verunsichert, stellen Experten fest.
Vor diesem Hintergrund verweist das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz (CEC) auf Frankreich. Dort gebe es bei ähnlichen Voraussetzungen einen erfolgreichen Lösungsansatz für Elektrofahrzeuge, der auch in Deutschland einiges bewirken könnte, meinen die Verbrauchervertreter: das Sozialleasing.
Das französische Sozialleasing richtet sich gezielt an geringverdienende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ein privates Fahrzeug für ihren Arbeitsweg oder ihre berufliche Tätigkeit benötigen, wie das CEC erläutert. Und das Konzept funktioniert so: Bei Vertragsbeginn wird keine Anzahlung geleistet und die monatlichen Raten betragen zwischen 100 und 150 Euro. Gefördert werden ausschließlich umweltfreundliche Fahrzeuge mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb, deren Preis unter 47.000 Euro liegt.
Neben dem Preis werden auch die für das Sozialleasing infrage kommenden Fahrzeugmodelle eingegrenzt. Dabei legt der französische Staat Wert darauf, nicht die eigene Autoindustrie zu bevorzugen. Vielmehr soll die Auswahl der E-Autos objektiven Kriterien entsprechen. Dazu wurde eine Formel namens „score environnemental“ erdacht. Hierbei handelt es sich um ein Bonus-Malus-System, das unterschiedliche Umweltaspekte eines Fahrzeugmodells bewertet.
Ein wichtiger Faktor dabei sei der Produktionsstandort, um die CO2-intensiven Transportwege kurz zu halten, berichtet das CEC. Liegt dieser Ort zu weit von Frankreich entfernt, kann die notwendige Punktzahl für das Sozialleasing nicht erreicht werden. So soll sichergestellt werden, dass die Fahrzeuge aus europäischer Produktion stammen. Neben den französischen Marken nehmen deshalb nur sehr wenige andere Unternehmen am Sozialleasing teil.
Schon kurz nach Einführung des Sozialleasing-Programms wurde in Frankreich ein Anstieg der Verkaufszahlen für Elektroautos außerhalb des Premiumsektors verzeichnet, wie das Europäische Verbraucherschutzzentrum hervorhebt – ein durchaus erwünschter Effekt. Und bei der Akzeptanz übertraf das staatliche Angebot klar die Erwartungen: So soll die französische Regierung zu Beginn des Programms mit zunächst 20.000 bis 25.000 Sozialleasing-Verträgen für 2024 gerechnet haben. Stattdessen kamen innerhalb weniger Wochen nach dem Start schon mehr als 50.000 Interessenten zusammen. Von ihnen sollen zwar nicht alle zum Zuge gekommen sein. Doch für 2025 ist eine Fortsetzung des Sozialleasing-Programms in Frankreich geplant.
Deshalb wird nun diskutiert, ob dieses Konzept auch auf Deutschland angewendet werden sollte und passen könnte. Befürworter wie das CEC begrüßen es als „Win-win für Umwelt und Verbraucher:innen“. Begründung: Deutschland und Frankreich seien zwei vergleichbare Volkswirtschaften. Der französische Vorstoß könnte also auch Deutschland helfen, „weitaus mehr als nur zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“, argumentieren die Europäischen Verbraucherberater. Nämlich in Form einer Beschleunigung der Verkehrswende, als Beitrag zum Erreichen der Klimaziele, für eine verbesserte Mobilität in ländlichen Gebieten, zur Unterstützung von Geringverdienenden und zur Förderung der eigenen Automobilindustrie. Dazu müssten allerdings laut EU-Kommissar Thierry Breton mehr massentaugliche, also günstige, E-Autos angeboten werden.
In Bezug auf die damit verbundenen Kosten weisen die Verbrauchervertreter darauf hin, dass die bislang rund 50.000 abgeschlossenen Sozialleasing-Verträge den französischen Staat um die 600 Millionen Euro kosten sollen. Zum Vergleich: Der Aufwand für den Umweltbonus in Deutschland im Jahr 2023 belief sich dem Vernehmen nach auf rund 2,4 Milliarden Euro. Insofern sei das französische Konzept ein guter Lösungsansatz für Klimaschutz und die Förderung der E-Mobilität, meint das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz.
Quelle: GOSLAR INSTITUT
Sozialleasing – Der Booster für Elektromobilität
Der Blick geht nach Frankreich
Veröffentlicht am: 08.03.2025
Ausdrucken: Artikel drucken
Lesenzeichen: Lesezeichen speichern
Feedback: Mit uns Kontakt aufnehmen
Twitter: Folge uns auf Twitter
Facebook: Teile diesen Beitrag auf Facebook
Hoch: Hoch zum Seitenanfang