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Zukunftstechnik: Lenken mit dem Draht

Wie es gehen soll, erläutert Michael Kirchberger, Auto-Medienportal.Net

Beim ganzen Hype um Elektromobilität sollten die traditionellen Tugenden des Automobils nicht vernachlässigt werden. Lenkung und Lenkrad gehören dabei neben dem Antriebsstrang zu den wichtigsten Faktoren, die den Charakter des Fahrzeugs prägen.

Hier wird die direkte Verbindung zur Straße geschaffen, Rückmeldungen sind über die Beschaffenheit der Fahrbahn und den Traktionszustand durchaus erwünscht, die Einflüsse des Antriebs dagegen weniger. Die war einer der wesentlichen Gründe, warum bei Audi der Allradantrieb Einzug hielt, als die steigenden Motorleistungen den sonst üblichen Vorderradantrieb der Marke überforderte. Seitdem ist viel geschehen. Wie bei vielen anderen Herstellern hat hier die elektromechanische Lenkung die hydraulisch unterstützte verdrängt.

Außerdem finden sich so genannte Progressivlenkungen im Programm, die einen direkteren Lenkeinschlag haben und so die Agilität verbessern. In der nächsten Stufe finden sich Dynamiklenkungen, die abhängig von Tempo und Fahrmodus den Grad der Übersetzung zwischen Lenkrad und Lenkgetriebe variieren. Seit geraumer Zeit setzen sich auch gelenkte Hinterräder durch. Während in den 1990er Jahren einzig Mitsubishi den Gedanken von vier spurweisenden Rädern aufgriff, gab es diese Lenkung bereits in den 1950er Jahren bei geländegängigen Nutzfahrzeugen. Die aktuell am weitesten entwickelte Technik stellt die dynamische Allradlenkung dar, die ebenfalls abhängig von Tempo und Lenkeinschlag reagiert.

Da hier die Hinterräder bei niedriger Geschwindigkeit gegensinnig zu den vorderen einschlagen, verkleinert dies den Wendekreis beim Rangieren um etwa einen Meter. Gerade in Parkhäusern ist dies ein geschätzter Vorteil. Fährt der Wagen schneller, lenken die hinteren Räder gleichsinnig wie die vorderen. Dies sorgt aufgrund des höheren Impulses, der immer vor einer Kurskorrektur oder dem Umrunden einer Kurve steht, für präzisere Kurvenfahrten und auf der Autobahn für mehr Spurstabilität. Bei einer Allradlenkung baut auch die Hinterachse zeitgleich Seitenkräfte auf, was zu hohem Stabilitätsgewinn führt, das Heck zieht nicht nach sondern mit. Wichtigste Verbindung zwischen Auto und Fahrbahn ist und bleibt unterdessen der Reifen. Die Hersteller nehmen vor allem bei sportlich ausgelegten Fahrzeugen immer häufiger Einfluss auf die Entwicklung der Pneus bei den Zulieferern.

Schnittstelle zwischen Fahrer und Auto ist außerdem das Lenkrad, auch hier gab es in den vergangenen Jahren eine deutliche Weiterentwicklung. Vor allem neue Falttechniken für den Airbag haben die einstigen Pralltöpfe als Lenkradnabe gewaltig verkleinert. Síe schrumpften von der Größe einer Langspielplatte auf das Format einer CD. Was eine anspruchsvolle Aufgabe ist, denn in einem riesigen Temperaturfenster zwischen minus 35 und plus 85 Grad müssen die rettenden Luftsäcke einwandfrei funktionieren und sich innerhalb von Millisekunden entfalten.

Dabei hat das Lenkrad heute deutlich mehr Aufgaben zu erledigen als früher. Touchfunktionen für die Bedienung des Infotainmentsystems oder der Sicherheitsassistenten kamen nach den Tasten und Schaltern für die Fernbedienung verschiedenster Funktionen hinzu. Jüngste Entwicklungsstufe stellt die Hands-on-Detection dar, eine Vorrichtung, die erkennt, ob der Fahrer die Hände am Lenkrad hat. Diese Funktion ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für autonomes Fahren. Der nächste Schritt könnte eine Lenkung sein, die auf eine mechanische Kraftübertragung verzichtet, sondern die Befehle zum Einschlagen der Räder elektrisch per Kabel übermittelt. Vor allem Designer und Konstrukteure werden diesen Schritt begrüßen, bietet sich ihnen dabei doch ein weitaus größeres Spektrum für die Cockpitgestaltung und das Package hinter dem Armaturenbrett.

Die Herausforderung ist jedoch beträchtlich, denn das „Drive by wire“, das Lenken per Draht, muss mehrfach abgesichert sein, um eine einwandfreie Betriebssicherheit zu garantieren. Auch für die Rückmeldungen der Lenkung müssen Helfer her. Es muss fühlbar bleiben, wann der Reibwert der Reifen ausgeschöpft ist, auch vertikale Anregungen sollte dabei nicht fehlen. Ob der Gewichtsvorteil beim Entfall des Lenkgestänges und der Lenksäule aufgrund weiterer Stellmotoren und Sensoren gehalten werden kann, ist dabei fraglich.

Foto: Auto-Medienportal.Net/ZF

 


Veröffentlicht am: 14.05.2021

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