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Opel auf der Avus

Fritz von Opel gewinnt das erste Rennen



Opel hat auf der Berliner Avus Geschichte geschrieben. Vor 100 Jahren siegte Fritz von Opel beim Eröffnungsrennen der „Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße“ am Grunewald.

Auch das letzte Rennen auf der berühmten Strecke gewann Opel: Stefan Kissling beendete die Rennsport-Ära auf der heutigen Stadtautobahn A 115 mit einem Doppelerfolg bei beiden Läufen der Deutschen Tourenwagen Challenge. Und die Rekordfahrt mit dem Opel RAK 2 im Jahr 1928 fand ebenfalls dort statt.

Bereits in der Planungsphase, die 1909 begann, war für die Avus eine Doppelfunktion vorgesehen. Einerseits war sie als wichtiger Teil des Verkehrsnetzes im Berliner Westen vorgesehen, andererseits sollte sie auch als Rennstrecke genutzt werden und die Massen begeistern. Das Streckenlayout war für diesen Zweck allerdings nicht ideal: Zwei Geraden mit je rund neun Kilometern Länge, die an ihren Enden mit zwei weiten Schleifen verbunden wurden. Für Zuverlässigkeitsversuche eignet sich die Bahn weit besser als für spannende Rennduelle.

Das erste Rennen auf der Verkehrs- und Übungsstraße fand trotzdem am Eröffnungswochenende der Deutschen Automobil-Ausstellung 1921 statt: 16 Rennwagen von neun Herstellern gingen am 24. September um 11 Uhr an den Start. Mehr als 200.000 Zuschauer säumten die Strecke. Für den Besucherandrang waren rund um den Kurs 65 Kassenhäuschen aufgestellt worden, die Menschen strömten in Sonderzügen und -bussen herbei.

Das Fahrerfeld wurde paarweise im Abstand von 45 Sekunden auf die Strecke gelassen. Fritz von Opel startete in der vorletzten Paarung. Sein feuerroter Opel 8/25-PS-Rennwagen mit seitengesteuertem 2,3-Liter-Reihenvierzylinder erwies sich als leistungsstark. Unter dem Jubel des Publikums kämpfte er sich Runde um Runde nach vorn. Am Ende distanziert er die Wettbewerber deutlich und siegte nach sieben Runden mit einer Zeit von 1:04:23 Stunden, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 128,84 km/h entspricht. Der zweitplatzierte Georg Klöble auf NSU kam rund fünfeinhalb Minuten dahinter ins Ziel. Auch die schnellste Runde ging an Opel.

Auch am zweiten Renntag lief es für die Marke gut. Im sechsten Rennen belegten Franz Breckheimer und Fritz von Opel die Plätze zwei und drei. Von Opel sagte damals in einem Interview mit dem „Berliner Tageblatt“: „Ich kenne sonst keine Tränen, aber ich habe wie ein Kind geweint vor Freude.“

Feuchte Augen sind vom nächsten überragenden Sieg Fritz von Opels auf der Avus nicht überliefert, dafür aber eine Ehrenrunde. Am 24. Juni 1923 bewies Fritz von Opel erneut sein sportliches Talent, als er beim Rennen des Deutschen Motorradfahrer-Verbandes (DMV) antrat. Auf einer 346-Kubikzentimeter-Rennmaschine der eigenen Marke erreichte er eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 87 km/h und war dem Zweitplatzierten am Ende sechs Minuten Voraus. Auf einer Ehrenrunde mit großem Siegerkranz auf der Schulter genoss von Opel den Triumph und den Jubel.

Mitte der 1920er wurde die Avus ausgebaut. Sie erhielt eine Asphaltdecke statt des bisherigen Makadam-Belags, verbreiterte Schleifen aus Beton sowie neue Tribünen und eine moderne Lautsprecheranlage. Sie bildeten die Kulisse für die wohl spektakulärste Fahrt. Bereits im April 1928 hatte Fritz von Opel gemeinsam mit dem Publizisten und Astronomen Max Valier, dem Ingenieur Friedrich Sander und dem Rennfahrer Kurt Volkhart einen Opel 4/12 PS mit Raketenantrieb ausgestattet und erfolgreich getestet – den Opel RAK 1. Die Versuche sollten mit einem verbesserten Wagen und höherem Tempo fortgesetzt werden. Da die Hausstrecke in Rüsselsheim dafür ungeeignet war, fiel die Wahl auf die Berliner Avus. Der Opel RAK 2 wurde eigens für die Hochgeschwindigkeitsfahrt auf dem Chassis eines Opel 10/40 PS konzipiert. Motor und Getriebe besaß der rund 560 Kilogramm schwere schwarze Wagen nicht, dafür aber seitliche Stummelflügel und 24 Feststoffraketen im Heck, die zusammen sechs Tonnen Schub entwickelten.



Am 23. Mai 1928 um 10 Uhr vormittags räumten Polizisten die Strecke. Fritz von Opel nahm unter den Augen von rund 3000 geladenen Gästen hinter dem großen Holzlenkrad Platz. Dann ging es Schlag auf Schlag: „Ich trete auf das Zündpedal. Hinter mir heult es auf und wirft mich vorwärts. … Ich trete nochmals, nochmals und – es packt mich wie eine Wut zum vierten Mal. Seitwärts verschwindet alles. … Die Beschleunigung ist ein Rausch. Ich überlege nicht mehr. Die Wirklichkeit verschwindet“, berichtete er von Opel in der Nachschau. Der Rüsselsheimer meisterte die Nordkurve und das Aufbäumen des Wagens, denn die Flügel lieferten genügend Abtrieb für die 238 km/h.

Nach knapp drei Minuten war alles vorbei. Der RAK 2 rollte langsam aus und die großen weißen Rauchwolken lösten sich unter dem Jubelsturm der Zuschauer im Himmel auf. Vor laufenden Kameras hatte das Raketenzeitalter seine Uraufführung erlebt, und die Avus diente als Bühne. Der 29-Jährige erhielt den Spitznamen „Raketen-Fritz“, und die Marke Opel galt ab sofort als progressivster Autohersteller in Europa.

In den folgenden Jahrzehnten waren die Autos von Opel überwiegend im Rallyesport und weniger auf der Rundstrecke zu finden. Die Marke fuhr dabei drei Europameistertitel ein, 1982 wurde Walter Röhrl mit dem Ascona 400 Weltmeister. Ende der 1980er-Jahre engagierte sich Opel dann wieder offiziell als Werksteam bei Rundstreckenrennen an den Start – auch auf dem wiederholt erheblich umgebauten und für den Rennsport verkürzten Stadtkurs in Berlin. Mitte der 1990er-Jahre liefen die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) und die Internationale Tourenwagen-Meisterschaft (ITC) auf Hochtouren. Mit dem Opel Calibra V6 und hochkarätigen Fahrern holten sich die Rüsselsheimer 1996 den hartumkämpften Saisonsieg in der ITC.



Ein Opel Calibra stand auch am 3. Mai 1998 im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. An jenem kühlen Frühlingssonntag endete um 17:02 Uhr die Avus-Ära: Zum letzten Mal wehte über der Strecke die schwarz-weiß karierte Zielflagge und winkte Stefan Kissling als letzten Sieger ab. Als Trainingsschnellster war der 24-Jährige in seinem roten Calibra 16V vom Start weg seiner Konkurrenz in der Deutschen Tourenwagen Challenge (DTC) davongefahren. „Für mich ein ganz großes Ereignis“, erinnert sich Kissling, der mit seinem Sieg die Opel-Geschichte rund um die Avus ruhmreich beendete.

Fotos: Autoren-Union Mobilität/Opel

 


Veröffentlicht am: 19.09.2021

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