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Die IAA Transportation oder eine Wette auf die Zukunft

Beobachtungen von Walther Wuttke, Autoren-Union Mobilität



Die Weichen sind gestellt: Auch die Nutzfahrzeuge werden in den kommenden Jahren elektrisch unterwegs sein. Auf der traditionellen Nutzfahrzeugmesse in Hannover, die aktuell den Namen in IAA Transportation geändert hat, übertrumpfen sich die Hersteller mit kleinen und großen Lösungen für eine klimaneutrale Transportwelt.


Allerdings ist diese Messe eine Wette auf die Zukunft, denn eine Frage bleibt offen. Die neue Antriebstechnik ist bereit, doch wie sie umgesetzt werden kann, so dass die Logistik ähnlich reibungslos funktioniert wie bisher mit konventionellen Dieselmotoren, ist offen.

Hannover zeigt die gesamte Transportwelt, und deshalb hat der Verband der Deutschen Automobilindustrie wie schon im vergangenen Jahr bei der IAA Mobility in München auch wieder Fahrrad-Hersteller eingeladen, die auf der Messe ihre elektrisch unterstützten Lastenräder für die allerletzte CO2-freie Meile zeigen. Die Angebote der Zweiradbranche erreichen dabei schon mal fünfstellige Preise, können dafür aber auch bis zu 200 Kilogramm Fracht von A nach B bringen.

Rund 1400 Hersteller zeigen noch bis Sonntag in den Messehallen ihre Vorschläge für die künftige Logistik. Während die leichten Nutzfahrzeuge inzwischen fast vollständig batterieelektrisch unterwegs sind – Ford zeigte den neuen elektrischen Transit Custom, der Ende des kommenden Jahres auf den Markt rollen wir, Volkswagen den ID Buzz in zahlreichen Nutzfahrzeug-Varianten und bei Renault hatte der elektrische Trafic seinen Auftritt – kommen jetzt auch die großen Nutzfahrzeuge an den Stecker.

Treibende Kraft hinter der Elektrifizierungswelle ist die Europäische Union. Bis zum Jahr 2025 müssen die Trucks ihren CO2-Ausstoß um 15 Prozent reduzieren. Das lässt sich noch mit der Eingliederung von elektrisch angetriebenen Verteiler-Lkw in die Modellpalette erreichen. Doch fünf Jahre später hat die EU-Kommission den Herstellern eine weitere Reduzierung auf 30 Prozent ins Lastenheft geschrieben, und dieser Wert ist nur mit einer deutlichen Kursänderung zu erreichen.

Neben der platz- und vor allem gewichtsintensiven batterieelektrischen Technik kommt der Wasserstoff als Energieträger ins Spiel. Die Brennstoffzelle in Kombination mit einer Batterie, um längere Distanzen zu überwinden, spielt inzwischen wieder eine Hauptrolle. Zulieferer wie Mahle und ZF zusammen mit Freudenberg, haben die passenden Antriebslösungen entwickelt und schicken die Prototypen demnächst auf Testfahrten. Nach den Berechnungen der Entwickler bei ZF erreicht der Brennstoffzellen-Antrieb dabei eine Laufleistung von rund einer Million Kilometer und liegt dabei auf dem Niveau der herkömmlichen Diesel-Aggregate.

Doch aktuell sind diese Anstrengungen eine Wette auf die Zukunft, denn so vielversprechend die neuen Entwicklungen sind, sie fahren in ein Umfeld, das noch nicht auf diese Wende vorbereitet ist. Bei beiden Lösungen fehlt es an der passenden Infrastruktur. VDA-Chefin Hildegard Müller hat recht, wenn sie bei der Eröffnung der Messe darauf verweist, dass „die IAA Transportation zeigt, wie wir Klimaneutralität in Transport und Logistik erreichen können“, doch ohne gewaltige Anstrengungen beim Aufbau der entsprechenden Infrastruktur wird dies nicht gelingen. Ladestationen für schwere Lkw verlangen ein Denken in ganz neuen Dimensionen – sowohl beim Platzbedarf als auch bei der Bereitstellung der Energie, wenn die Lieferketten nicht leiden sollen. Darauf muss sich auch das deutsche Planungsrecht einstellen. Wenn es bis zu fünf Jahre dauert, um einen Radweg zu planen und zu bauen, sollten die Pläne bald gezeichnet werden.

Für den Brennstoffzellenantrieb ist Deutschland zwar gut gerüstet und nimmt in Europa bei der Zahl der Wasserstoff-Tankstellen eine Ausnahmestellung ein. Allerdings wird aktuell kein Lkw mit dieser Technologie auch nur eine Orange aus Malaga in ein deutsches Verteilerzentrum liefern, weil spätestens in Mittelfrankreich der Treibstoff aufgebraucht ist. Die Industrie ist inzwischen bereit und zeigt in Hannover praxisnahe Lösungen für eine weitgehend klimaneutrale Logistik. Nun ist die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen zu liefern.

Dabei lohnt ein Blick in die Schweiz. Dort haben sich die beiden Handelsketten Migros und Coop verbündet und setzen Brennstoffzellen-Lkw von Hyundai ein. Gleichzeitig entsteht eine Wasserstoff-Tankstellen-Infrastruktur zwischen St. Gallen und Lausanne, die auch für Brennstoffzellen-Pkw geeignet ist. (Walther Wuttke/cen)

Foto: Autoren-Union Mobilität/Walther Wuttke

 


Veröffentlicht am: 23.09.2022

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