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Bayerische Spezialitäten unter dem Hammer

RM Sotheby’s macht Station in München



Zu den mehr als 20 Versteigerungen wertvoller Sammlerautos, die das Auktionshaus RM Sotheby’s aus Kanada in der Neuen und der Alten Welt zwischen Monterey, Monaco und Mailand alljährlich veranstaltet, kommt jetzt erstmals ein weiterer Ort mit dem Anfangsbuchstaben „M“ dazu, nämlich München.

„Die Stadt ist zweifellos eines der wichtigsten Zentren der Automobilkultur in Europa und damit der ideale Ort, um unseren jährlichen Auktionskalender zu erweitern“
, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

Als Veranstaltungsort haben sich die Auktionatoren die Münchener Motorworld ausgesucht, wo am 26. November ab 10 Uhr der Hammer fallen soll. Auf dem Gelände des ehemaligen Ausbesserungswerkes der Deutschen Bahn in München-Freimann entstand ein spektakulärer Veranstaltungsort mit einer Reihe exklusiver Automarken, Workshops, Geschäften, Restaurants und einem Hotel. Mehr als 70 Fahrzeuge, darunter sieben Motorräder, sollen dort einen neuen Eigentümer finden, wobei natürlich die üblichen Verdächtigen einen beträchtlichen Teil stellen, aber nicht den größten.

Neben 15 Modellen von Ferrari, sechs von Mercedes und fünf von Porsche stammen 32 – also knapp die Hälfte des gesamten Angebots – aus einer kompletten Sammlung bayerischer Pretiosen namens „The Bavarian Legends Collection“ (Sammlung Bayerischer Legenden). So schlägt Sotheby’s einen Bogen zur bayerischen Weißwurstmetropole. Die Palette reicht vom 1958er BMW 507 Roadster zum Schätzpreis zwischen 1,6 und zwei Millionen Euro über einen BMW 328 Roadster von 1938 (350 000 bis 600 000 Euro), einem 1959er BMW 502 3.2 Super (30 000 bis 50 000 Euro) bis zu einer BMW Isetta zum gleichen Schätzpreis und aus dem selben Jahr.

Der zweisitzige BMW 507 Roadster – das Auto gilt bis heute als Ikone des Automobildesigns – kam in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre als direkte Konkurrenz zum Mercedes 300 SL auf den Markt, der ab Frühjahr 1957 nicht mehr mit Flügeltüren, sondern nur noch als Cabrio erhältlich war. Das von Albrecht Graf von Goertz entworfene Modell, von dem nur 252 Exemplare vom Band liefen, lag zu seiner Zeit mit rund 26.500 Mark preislich auf dem Niveau des Stuttgarter Kontrahenten, was dem Fünfeinhalbfachen des durchschnittlichen Jahreseinkommens eines Arbeitnehmers entsprach. Hans Stuck nahm mit dem Wagen erfolgreich an Bergrennen teil. Zu den prominenten Kunden zählten zum Beispiel Alain Delon, Ursula Andress, Toni Sailer, Elvis Presley und der britische Rennfahrer John Surtees.



Ebenfalls als einen lupenreinen Sportwagen präsentierte BMW ab Mitte der 1930er-Jahre den 328 Roadster. Erstmals zu sehen war der in Eisenach gebaute Zweisitzer 1936 beim Eifelrennen auf der Nordschleife des Nürburgrings, wo er unter Ernst Jakob Henne mit einem Durchschnitt von 101,6 km/h die Klasse der Sportwagen bis 2000 ccm ohne Kompressor gewann. Später machte er bei zahlreichen legendären Motorsport-Wettbewerben wie der Mille Miglia in Italien (mit einer Aluminiumkarrosserie), den 24 Stunden von Le Mans in Frankreich oder auf der Avus in Berlin Furore.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs schaffte ein getunter BMW 328 den Spurt von 0 auf 100 km/h in 8,8 Sekunden, was damals als sensationeller Traumwert galt. Die „Normalversion“ war mit einem Sechszylinder-Reihenmotor versehen, der mit seinen zwei Litern Hubraum 58 PS leistete und eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h erreichte.



Wegen seiner geschwungenen Linienführung erhielt der BMW 502 den Beinamen „Barockengel“. Er war der erste von BMW gebaute Achtzylinder und zugleich der erste Pkw-Achtzylinder aus deutscher Produktion nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Oberklasse-Fahrzeug hatte einen 3,2 Liter großen Motor unter der Haube, der 160 PS leistete und für eine Spitzengeschwindigkeit von 190 km/h sorgen konnte. Bei hohem Tempo machte er sich auf der Autobahn durch ein für ihn typisches, durch die Karosserieform hervorgerufenes Pfeifen schon von Weitem bemerkbar. Sein Preis damals: 21.240 Mark.



Gleichzeitig mit dem Barockengel hatte BMW damals die Isetta im Programm, ausgestattet mit einem Einzylindermotor aus dem Motorradprogramm von BMW, der 12 PS leistete und dem Wägelchen eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h verleihen konnte. Der Verbrauch war bescheiden, nämlich 3,3 Liter auf 100 Kilometer, der Preis: 2 650 Mark plus 45 Mark für die Heizung. Das Fachblatt „Auto, Motor & Sport“ spottete später, BMW hätte damals gleichzeitig „Autos für Generaldirektoren und Tagelöhner“ gebaut, was Grund für die spätere Beinahe-Pleite gewesen sei. Ob sich freilich Handlanger den Winzling Isetta damals leisten konnten, ist mehr als zweifelhaft.

Die bei RM Sotheby’s in München angebotene Isetta ist zum letzten Mal 1967 ernsthaft bewegt worden und benötigt deshalb von ihrem zukünftigen Besitzer eine gründliche technische Überholung. Daher dürfte ihr Schätzpreis, der zwischen 30.000 und 50.000 Euro liegt, ziemlich optimistisch sein. Im Internet – zum Beispiel bei mobile.de – gibt es die „Knutschkugel des Wirtschaftswunders“, so ihr Spitzname, erheblich billiger.



Andere Fahrzeuge aus der Bavarian Legends Collection, aber auch aus dem übrigen Angebot dagegen sind durchaus interessant – auch für Auto-Enthusiasten, die sich ihre Euro lieber für ihre Strom- und Heizkosten aufheben und nur einmal einen Blick in die Welt der Auto-Sammler werfen wollen. Da ist zum Beispiel ein 1938er Mercedes-Benz 540 K Special Roadster zu sehen (Schätzpreis zwischen 1,2 und 1,6 Millionen Euro), ein 1991er Ferrari F40 (2,3 bis 2,6 Millionen Euro) und ein 2008er Lamborghini Reventón (1,1 bis 1,6 Millionen Euro).



Der größte Teil der Fahrzeuge, die unter den Hammer kommen sollen, ist am Freitag, dem 25.November zwischen 10 und 20 Uhr und am Samstag, 26. November, zwischen 10 und 16 Uhr in der Motorworld München, Am Ausbesserungswerk 8, zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. (Hans-Robert Richarz/cen)

Fotos: Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's

 


Veröffentlicht am: 23.11.2022

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