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Zu den Raubrittern am Rhein

... war Hans-Robert Richarz im Kia Niro EV unterwegs



Es galt, Angenehmes mit Nützlichem zu verbinden. Drei Aufgaben waren zu lösen. Erstens: Vor der Tür stand ein Kia Niro EV und wartete auf eine Probefahrt. Zweitens: Die Reise sollte durch eine ansehnliche Gegend führen. Drittens: Der Weinvorrat benötigte dringend Nachschub.


Die Lösung:
Zwischen Köln und dem Winzer der Wahl in Bodenheim nahe Mainz befindet sich am Rhein die schönste Landschaft, die der Fluss zwischen Quelle und Mündung zu bieten hat. Die Strecke würde das Auto ohne Zwangspause an der Ladesäule bewältigen können, und Platz für Flaschen im Wagen gäbe es reichlich.

Über einen Mangel an Ehrungen kann sich der Kia Niro, der als Hybrid, Plug-in Hybrid und Vollelektriker bei Händlern steht, kaum beklagen. Bei den „World Car Awards“ steht er für 2023 unter den nominierten Finalisten mit Chancen auf den Titel und war Gewinner des „Goldenen Lenkrads 2022“. Erst kürzlich heimste er den Titel „Weltfrauenauto des Jahres“ ein, gewählt von 63 Journalistinnen aus 43 Ländern. Begründung: Der kompakte „Kia-Crossover ist geräumig, praktisch, sicher und bequem zu fahren“. Außerdem spreche das breite Spektrum umweltfreundlicher Antriebe und der sehr geringe Kraftstoff- beziehungsweise Stromverbrauch für das Auto.

Frauen- oder Männerauto?

Solche Eigenschaften schätzen allerdings auch Männer an einem Auto, und ob es heutzutage überhaupt noch in die Zeit passt, einen Unterschied zwischen Männer- und Frauenautos zu machen, sei dahingestellt. Außerdem: Eine deutsche Frau muss lange stricken, bis sie den Preis für einen Kia Niro EV zusammen hat. Für ihn muss sie nämlich zwei komplette Netto-Jahreseinkommen auf den Tisch des Kia-Händlers blättern – gemessen mit den Angaben des Statistischen Bundesamtes.

Die Optik der nunmehr zweiten Generation des kompakten SUV ist den Kia-Designern gelungen. Seine Frontpartie ist erwachsener geworden, das Profil mit der charakteristischen C-Säule in Form eines überdimensionalen Bumerangs sportlicher. Der Innenraum ist vorne wie hinten großzügig bemessen, die Sitze bequem, und Fahrerin oder Fahrer kommen nach einer gewissen Lernphase mit den etwas gewöhnungsbedürftigen Bedienelementen gut zurecht. Die Ausstattung mit Assistenzsystemen und Annehmlichkeiten ist – dem Preis des Fahrzeugs entsprechend – ziemlich komplett.

Zwar kann der Niro EV rein theoretisch mit einer Leistung von maximal 80 Kilowatt Strom ziehen, aber da auch an Schnellladesäulen meist weniger drinsteckt als außen draufsteht, kann es länger dauern. So pendelte sich an einer EnBW-Station die Ladeleistung rund um die 50 kW-Grenze herum ein. Deshalb dauerte es mehr als eine Stunde, bis die Batterie von zehn auf achtzig Prozent geladen war.

Umso erfreulicher gestaltet sich aber danach die Fahrt im Elektro-Koreaner. Leistung, Beschleunigung und Stabilität stimmen. Lenken lässt er sich sozusagen mit dem kleinen Finger, die Bremsen packen bei Bedarf beherzt zu, und dass ein E-Auto angenehme Ruhe verbreitet, liegt in der Natur der Sache. Da der Akku des Niro EV zentral in der Bodengruppe integriert ist, liegt der Fahrzeugschwerpunkt tief und trägt so zu den guten Fahreigenschaften des Fronttrieblers bei.

Zugegeben, die Landschaft entlang des Rheins ist zunächst mit Ausnahme des Siebengebirges nördlich von Bonn recht eintönig. Interessant wird es eigentlich erst ab Koblenz, wo auf einem Felsen hoch gegenüber der Moselmündung die Festung Ehrenbreitstein am Beginn des Oberen Mittelrheintals steht. Was jetzt folgt, wurde 2002 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Ab hier reihen sich entlang der vor uns liegenden 70 Kilometer, die nur fünf Prozent des gesamten Rheinlaufs ausmachen, so viele historische Burgen und Schlösser dicht beieinander wie nirgendwo sonst auf der Welt. Sie waren vor Jahrhunderten von Raubrittern und Bischöfen – oftmals in Personalunion – als Zollstationen, Trutzburgen und Wohnsitz errichtet wurden. Viele der Burgen sind bis heute sehr gut erhalten und stehen Besuchern als Museen, Restaurants oder Hotels offen.

Eine Burg folgt der anderen

So zum Beispiel die Marksburg aus dem 12. Jahrhundert oberhalb von Braubach. Sie ist die einzige Höhenburg am Mittelrhein, die niemals zerstört wurde, gilt als mittelalterliches Kulturdenkmal mit hoher Bedeutung und erfreut sich bei Touristen großer Beliebtheit. Bei einigen japanischen Besuchern löste das Gebäude gar eine so starke Begeisterung aus, dass sie die Burg kaufen und in ihren Einzelteilen nach Japan verfrachten wollten. Verständlicherweise hatte die Deutsche Burgenvereinigung etwas dagegen.

Nahezu um jedes der historischen Gebäude rheinaufwärts ranken sich mehr oder weniger zutreffende Märchen wie etwa um die beiden Burgen oberhalb von Kamp-Bornhofen. Gemeinsam mit der benachbarten Burg Liebenstein gehört die Burg Sterrenberg zu den sogenannten „feindlichen Brüdern“. Der Sage nach ging es um eine Frau, in Wirklichkeit um Erbstreitigkeiten. Die beiden Burgen waren ursprünglich miteinander verbunden, wurden aber im Zuge des Krachs mit einer dicken Mauer voneinander getrennt. Sterrenberg zählt zu den ältesten mittelalterlichen Wehranlagen am Mittelrhein. Zum ersten Mal erwähnt wird sie in einer Urkunde von 1189.

Ein paar Kilometer weiter kommt die Burg Maus, die einst Burg Petersbeck hieß, deren heutiger Name sich aus einer Rivalität mit der benachbarten Burg Katz der Grafen von Katzenelnbogen entwickelte. Diese bezeichneten das deutlich kleinere Bauwerk verächtlich als Burg Maus, was sich bis heute als fester Name eingebürgert hat.

Mit der Loreley passieren wir einen weltberühmten Felsen. Gegenüber in St. Goar steht die Burg Rheinfels, die ebenfalls von den Grafen von Katzenelnbogen errichtet wurde. Aufgrund ihrer stabilen Konstruktion konnte sie Belagerungs- und Angriffsversuchen jahrhundertelang standhalten. Bekannter dürfte die Legende aus dem 19. Jahrhundert sein. Nach ihr heißt es, dass die blonde Schönheit Loreley vom Felsen auf der anderen Rheinseite die Schiffer auf dem Rhein mit Ihrem Gesang, ihrer Mähne und damit, was sie sonst noch so zu bieten hatte, allzusehr verwirrte und die Matrosen deshalb trotz der Strömung nicht mehr auf den Kurs achteten und die Schiffe auf die Felsen im Wasser krachten.

Danach folgt die wohl merkwürdigste Burg im Oberen Mittelrheintal, die Burg Pfalzgrafenstein, besser bekannt als Pfalz bei Kaub. Sie liegt auf einer Insel mitten im Fluss und war so besonders geeignet, passierende Schiffe um Zölle zu erleichtern. Ihrer Position verdankte sie auch, dass sie selbst in Kriegszeiten niemals erobert oder zerstört wurde. Ihr Gemäuer ist daher ähnlich gut erhalten wie das der Marksburg.

Die Liste betagter, jedoch besuchenswerter Gemäuer ob Ruine oder restauriert ließe sich noch erheblich erweitern. Beispielsweise um die Heimburg oberhalb der Gemeinde Niederheimbach, auch unter dem Namen Burg Hoheneck bekannt. Im Gegensatz zu ihren Nachbarburgen Sooneck und Reichenstein wurde sie erst später als Residenz der Raubritter und zunächst als militärische Festung genutzt. Oder den Binger Mäuseturm auf der nach ihm benannten rheinischen Mäuseturminsel vor dem Stadtteil Bingerbrück. Er wurde im 14. Jahrhundert als Wehr- und Wachtturm errichtet und verdankt seinen Namen nicht den grauen Nagetieren, sondern seiner einstigen Funktion als Maut-, also Zollturm.

Hier endet auch das von der UNESCO ausgezeichneten Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal, und wir nähern uns mit dem Kia dem Ziel unserer Begierde, nämlich dem Weingut Martinushof der Familie Acker (https://www.weingut-acker.de). Weinproben in der attraktiven Vinothek des Unternehmens bleiben uns leider versagt, schließlich wollen wir – diesmal auf der linken Rheinseite – wieder sicher nach Köln kommen. Doch wir wissen, was wir wollen (nicht nur den Lieblingswein des Autors, die trockene 2021er Riesling Spätlese, Bodenheimer Silberberg) und lernen den bei flach gelegten Rücksitzlehnen gewaltigen Kofferraum des Autos zu schätzen: 16 Kartons zu jeweils sechs Flaschen finden mühelos Platz, es hätten auch doppelt so viele sein können – aber wir wollen ja nicht übertreiben. (cen/hrr)

Foto: Autoren-Union Mobilität/Hans-Robert Richarz

 


Veröffentlicht am: 04.04.2023

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