Morgengruß von Helmut Harff: Wir Ossis

In den letzten Tagen ging es rund um den „Tag der deutschen Einheit“ immer wieder um „Ossis“ und „Wessis“. Ich hasse diese Begriffe, ich finde sie wirklich unsinnig, wenn nicht gar idiotisch. Das gleiche gilt für die Aussage, dass sich die DDR-Menschen bis heute als Menschen zweiter Klasse fühlen und schuld daran sind die Menschen aus den alten Bundesländern.

Ich frage mich nämlich, waren wir DDR-Menschen es nicht, die wir uns selber zu Deutschen zweiter Klasse gemacht haben? Hechelten wir nicht jeder D-Mark hinterher, wie der Hund hinter dem Knochen? Wie viele Menschen – Frauen und Männer – haben nicht fast alles getan, um an die angebetete D-Mark zu kommen? Wie viele Menschen haben auf ein kleines Westpaket wie auf einen Messias gewartet? Wie oft höre ich noch heute, wie toll diese Pakete gerochen haben? Wie war das, wenn man in der Schule keine Westjeans anhatte, nicht mit einem Westfüller schrieb, ja nicht einmal Kaugummibilder zum Tauschen hatte? Was gab es da an Mobbing, da an Tränen? Meine Nachbarin starb fast, wenn sie kein Klopapier aus dem Westen hatte.

Haben wir nicht jeden bewundert, der mit seinem geliehenen Mercedes zu Besuch kam? Was hat man nicht alles für einen Bravo-Starschnitt getan? Gab es überhaupt etwas, auf dass die breite Masse der DDR-Menschen stolz war? War nicht alles Mist, was „Made in GDR“ war? Waren nicht die die Ahnungslosen – also die Deppen – die kein Festfernsehen empfangen konnten?

Nein, wir haben uns schon Jahrzehnte vor dem Mauerfall als Deutsche zweiter Klasse gefühlt. Das mag ja auch so gewesen sein, doch warum reden wir noch immer davon? Wir, die DDR-Menschen haben etwas geschafft, was es in der Menscheitsgeschichte noch nie gab. Wir wohnten gestern noch in der sozialistischen DDR und nur einen Tag später im anderen Teil Deutschlands – und sehr vieles war in Minutenschnelle ganz anders. Das zu er- und überleben, das anzunehmen, das auch zu gestalten – das hat wirklich noch nie jemand geschafft. Menschen zweiter Klasse? Das ist nun wirklich purer Unsinn.

Kein Unsinn ist es, dass die Beste Frau der Welt und ich gleich im wundervollen österreichischen Hotel „Trattlerhof“ frühstücken, bevor wir uns auf zum Golfplatz machen. Das machen keine Deutschen zweiter Klasse.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Herwig, Meinolf, Gallina

Ich wünsche Ihnen einen genussvolles Frühstück.

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