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TATA RONKHOLZ – GESTALTETE WELT. EINE RETROSPEKTIVE

... zu sehen in der Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur



Mit dieser Retrospektive wird erstmals das vielseitige Werk von Tata Ronkholz (*1940 in Krefeld; † 1997 Hürth-Kendenich, geb. Maria Juliana Roswitha Tölle.) umfassend gewürdigt. Die Ausstellung zeigt Arbeiten der Photographin, Produktdesignerin und Innenarchitektin, die als eine der frühen Studierenden der Becher-Klasse an der Kunstakademie Düsseldorf wirkte.


Zu ihren Mitstudierenden zählten u. a. so renommierte KünstlerInnen wie Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Ruff, Thomas Struth und Petra Wunderlich. Ronkholz’ Nachlass, der 2011 von VAN HAM Art Estate, Köln, erworben wurde, bildet neben den Beständen des Stadtmuseum Düsseldorf die Basis der Ausstellung. Auch aus den hauseigenen Beständen der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur sowie von weiteren LeihgeberInnen ist Bemerkenswertes beigesteuert worden.

Die Retrospektive findet in der Photographischen Sammlung mit dem hier verorteten Bernd und Hilla Becher Archiv ihren stilistisch passenden Bezugsrahmen. Ronkholz‘ Arbeiten stehen in der Tradition der sachlich-dokumentarischen Photographie, die von dem Künstlerpaar maßgeblich geprägt wurde. Die klaren Kompositionen, das serielle Vorgehen und der dokumentarische Ansatz, der sich auf architektonische Strukturen und Alltagsarchitekturen konzentriert, zeichnen auch ihr Werk aus. Mit ihrer Großbildkamera hat sie klar durchgezeichnete und wirklichkeitsgetreue Photographien geschaffen, deren Motive, weniger aber die Handschrift der Bildautorin, zentral im Mittelpunkt stehen. Die Umsetzung ihrer Arbeiten in Schwarz-Weiß überwiegt, obwohl auch Ansichten in Farbe vorkommen, die ihre Ambitionen belegen, Anschluss an die in Deutschland in den 1970er/80er Jahren aufkommende künstlerische Farbphotographie zu finden.

Bekannt wurde Tata Ronkholz durch ihre ansprechende Serie von Kiosken und Trinkhallen sowie kleineren Geschäften als typische Momente einer urbanen Alltagskultur. Aufgenommen wurden diese zwischen 1977 und 1985 insbesondere in Stadtteilen von Köln und Düsseldorf, im Ruhrgebiet, ebenso wie in Leverkusen und Krefeld. Dabei ist etwa die Trinkhalle in Köln-Nippes mit Eis- und Zeitungsreklame, mit Kaugummi- und Zigarettenautomaten bei aller schnörkellos nüchtern ins Bild gesetzten Darstellungsweise genauso amüsant und einnehmend anzuschauen wie die Boutique in Köln-Mülheim, Berliner Straße 120, wo es neben Kleidern laut Ladenschild auch ein Angebot an „Dritte Welt-Schallplatten“ gab. Viele Details sind in den Ansichten ablesbar, die das eigene Lebensumfeld oder eigene Vorlieben ins Gedächtnis rufen, so vielleicht den Einkauf im türkischen Lebensmittelgeschäft oder den Eisbecher im Eiscafé Fortuna. Die Photographien verdeutlichen den Wandel von Warenangebot, Dekoration und Werbegestaltung im städtischen Raum.

Die abgebildeten Details erinnern an das eigene Lebensumfeld und geben Einblick in die Einkaufsgewohnheiten vergangener Jahrzehnte.
Tata Ronkholz’ Motive zeugen so mittelbar vom sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandel und lassen gleichzeitig den Einfluss persönlicher Vorlieben der Ladenbesitzer auf die Gestaltung dieser kleinen Verkaufsstellen erkennen. So gesehen begegnen wir in den Bildern von Tata Ronkholz einer anschaulichen Grundlage für eine soziologische Untersuchung der eigenen Spezies, die auf gesellschaftlich wichtige Fragen zurückgeht: Welche Bedürfnisse hatten und haben wir? Was brauchten und brauchen wir zum Leben? Wie gestalten wir unser Umfeld? Welche Funktion übernehmen Bilder?

Eine weitere bedeutende Werkserie widmet sich Industrietoren, aufgenommen zwischen 1977 und 1985. Die schlichten Schwarz-Weiß-Bilder dieser Tore lassen durch Gitter und Gestänge den Blick ins Innere der Gewerbebereiche erahnen und wirken durch ihre graphische Struktur fast abstrakt. Die Tore fungieren in den Bildern als Schnittstellen zwischen privatem und öffentlichem Raum, zwischen Innen und Außen, zwischen Betriebsamkeit und Ruhe. Die Bildästhetik erinnert an abstrakte Kunstwerke und verleiht dem Alltäglichen eine neue Bedeutung.

Eine besonders eindrucksvolle dokumentarische Reihe stellt die Werkserie zum Düsseldorfer Rheinhafen dar, die Ronkholz 1979 gemeinsam mit ihrem damaligen Kommilitonen Thomas Struth begann. Ausgangspunkt war die geplante Umgestaltung des traditionsreichen Hafenareals, das in seiner ursprünglichen Form als stadtgeschichtlich und architektonisch bedeutendes Industriegebiet galt. Struth verfolgte die ersten Veränderungen ausgehend von seinem Atelier und gewann Tata Ronkholz für die Durchführung des Projekts. Beide verfolgten das Ziel, den Hafen mit seinen historischen Gebäuden, technischen Anlagen und Betriebsstrukturen in seiner Gesamtheit zu dokumentieren. Sie hielten Fassaden, Innenräume, Silos, Lagerhallen, Krankonstruktionen und Hafenbecken in sorgfältig komponierten Bildern fest, bevor diese im Zuge der Umstrukturierung teilweise verschwanden oder grundlegend verändert wurden. Die Photographien zeigen eindrücklich die industrielle Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts und verweisen gleichzeitig auf den Wandel vom Handel- und Produktionsstandort zum heutigen Medienhafen. Insgesamt steht die mit kritischer Haltung erarbeitete Dokumentation über den Düsseldorfer Rheinhafen beispielhaft für die komplexe Thematik städtischer Umgestaltungen auch an anderen Orten.

Ergänzend präsentiert die Ausstellung Arbeiten, die Ronkholz’ Schaffen als Produktdesignerin hervorheben, darunter Abbildungen von geometrisch geformten Möbeln und Leuchten sowie Entwürfe für Büro- und Mensamöbel. Zwischen 1961 und 1965 studierte sie an der Werkkunstschule Krefeld mit dem Schwerpunkt Möbelentwurf und arbeitete anschließend bis 1977 als freischaffende Designerin. Ihre Entwürfe zeichnen sich durch klare Formen und funktionale Eleganz aus, wovon etwa die gemeinsam mit Adolf Luther entwickelte „Sphärische Leuchte“ mit konvexem Glaselement überzeugt. Schließlich zeigt die Retrospektive erstmals frühe Photographien von Bauformen, entstanden 1975/76 in Italien und Frankreich. Auch in diesen zeigt sich ihre starke Affinität zu Aspekten der gestalteten Welt in unterschiedlichen Lebensbereichen.

Begleitend erscheint das Katalogbuch „Tata Ronkholz: Gestaltete Welt. Eine Retrospektive“ im Schirmer/Mosel Verlag, mit Texten von namhaften AutorInnen (d/e).

SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn
Im Mediapark 7
50670 Köln
www.sk-kultur.de

Bild: Tata Ronkholz: Trinkhalle, Köln-Nippes, Merheimer Straße 294, 1983 © VAN HAM Art Estate: Tata Ronkholz, 2025  

 


Veröffentlicht am: 11.03.2025

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