Bereits Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Wissenschaftler die Atomkraft: Sie fanden heraus, dass Elemente wie Uran und Radium unsichtbare Energiestrahlen abgeben und begannen, diese auch im medizinischen Bereich einzusetzen.
Aktuell steht eine neue Form der Nuklearmedizin in den Startlöchern: Die gezielte Radioligandentherapie macht sich die Kraft radioaktiver Atome zunutze und soll sie direkt an Krebszellen abgeben, unabhängig davon, wo sie sich im Körper befinden.
Wie funktioniert die gezielte Radioligandentherapie?
Mehr als die Hälfte aller Krebspatienten erhält im Laufe ihrer Therapie irgendeine Form von Bestrahlung. Was genau ist also neu an der gezielten Radioligandentherapie? Es geht darum,
Strahlung fokussiert einsetzen zu können. Einmal in den Blutkreislauf infundiert, kann die Therapiemethode Krebszellen im ganzen Körper erreichen und dort mit radioaktiver Energie
Tumorzellen abtöten. Dabei ist die zerstörerische Energie so konzipiert, dass sie sich nicht weiter als ein paar Millimeter vom Atom entfernt bewegt, sodass der Schaden relativ auf Tumorzellen konzentriert bleiben kann.
Auf der Suche nach dem passenden Puzzleteilchen
Die zielgerichtete Radioligandentherapie nutzt hierbei für die fokussierte Vorgehensweise zwei Hauptkomponenten: ein radioaktives Atom und ein tumorspezifisches Molekül. Dieses
kann man sich wie ein Puzzleteil vorstellen, das auf der Oberfläche von Krebszellen nur zu den passenden molekularen Puzzleteilen passt. Das Medikament geht an den meisten gesunden Zellen vorbei. So ist diese Therapie in der Lage, die Strahlung zu einem kleinen Krebsherd überall im Körper zu bringen. Forscher haben derzeit erst für wenige Krebsarten die passenden Puzzleteile identifiziert, daher ist das Angebot an zugelassenen und experimentellen Radioligandtherapien noch begrenzt.
Therapie auch zur Diagnostik geeignet
Zusätzlich hat die nuklearmedizinische Therapie auch eine diagnostische Komponente: Das Diagnostikum verwendet dasselbe tumorspezifische Molekül wie das Therapeutikum, liefert jedoch radioaktive Atome, die den Krebs nicht zerstören, sondern ihn nur sichtbar machen: Diese Atome geben dann eine Energieform ab, die außerhalb des Körpers von bildgebenden Scannern nachgewiesen werden kann. Diese Form der Strahlung ermöglicht es Ärzten, den Krebs zu sehen, unabhängig davon, wo er sich im Körper ausgebreitet hat. Auch hier gilt: Nur dann, wenn die molekularen Puzzleteile exakt zusammenpassen, wird die Diagnostik den Krebs eines Patienten entdecken. Wenn dies der Fall ist, ist die gezielte Radioligandentherapie mit demselben tumorspezifischen Molekül möglicherweise eine gute Ergänzung des bestehenden Therapiespektrums. Außerdem können zukünftige Scans während der Behandlung dabei helfen festzustellen, wie stark das Medikament wirkt.
So kann die Nuklearmedizin zum Wohle von Krebspatienten sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie eingesetzt werden - das Prinzip eröffnet ein enormes Potenzial…
Foto: Novartis AG