Als ich heute den Rechner hoch fuhr, las ich, dass heute der „Internationaler Tag für Toleranz“ ist. Das ist gut, war mein erster Gedanke und ich las erst einmal, wer sich den nun wieder ausgedacht hat.
Bei der „kleine kalender“ erfuhr ich dann, dass der Gedenktag auf den 16. November 1995 geht zurück: Damals unterzeichneten 185 Mitgliedsstaaten der UNESCO feierlich die Erklärung der Prinzipien zur Toleranz. Toleranz, was ist das aber eigentlich? Ist das nicht immer etwas, was Menschen für sich einfordern, die gerade alles andere als tolerant sind?
Ich schlug also wie immer in solchen Fällen bei Wikipedia nach. Da ist zum Thema zu lesen: „Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Gelten lassen und Gewähren lassen anderer oder fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Umgangssprachlich ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung gemeint, die jedoch über den eigentlichen Begriff („Duldung“) hinausgeht“.
Schön, ich bin also tolerant, wenn ich zumindest alles dulde, was andere sagen oder treiben. Das erinnert mich an das Bibel-Bild von der anderen Wange, die man hin halten soll, wenn man auf die andere schon geschlagen wurde. Ehrlich, mir geht ein solcher Toleranzbegriff deutlich, sehr deutlich zu weit. Klar ist, dass man kriminelle Handlungen nicht toleriert. Doch meine Toleranzschwelle liegt deutlich höher. Die endet zumindest da, wo jemand für sich sehr viel Toleranz für sein Denken, Reden und Tun einfordert, aber selber zu gleicher Toleranz nicht bereit oder in der Lage ist.
Mein Vorrat an Toleranz ist auch ganz schnell aufgebraucht, wenn jemand nur darauf baut, dass man sein Treiben schon tolerieren wird und gerade daraus für sich sehr egoistisch Vorteile ziehen will. Ich werde beispielsweise nie jemand tolerieren, der mich in einer Autobahnbaustelle bei angegebenen Tempo 80 mit 160 km/h überholt. So habe ich auch nicht den Anflug von Toleranz übrig für den jungen Mann, der als Raser von Stuttgart gerade mediale Aufmerksamkeit genießt. Er hat mal so mit seiner völlig sinnlosen Raserei zwei Menschen getötet und profitierte von der toleranten Einstellung der Richterin, die ihn wegen einer deutlichen Reifeverzögerung lediglich zu einer fünfjährigen Haftstrafe nach Jugendstrafrecht ohne Bewährung verurteilte. Da geht mir Toleranz deutlich zu weit.
Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass wir nicht alles und jedes tolerieren ohne dass uns die selbe Toleranz entgegen gebracht wird. Toleranz funktioniert für mich nur dann, wenn sie auf Gegenseitigkeit beruht.
Ich toleriere alle, die ihr Frühstücksei hart gekocht wollen, die am Morgen schon Schweinsbraten essen oder gar nichts essen wollen. Hoffentlich tolerieren die auch mein heutiges Frühstück: ein Toast Hawaii.
Ich wünsche ihnen ein genussvolles Frühstück und viele Menschen, die genau so tolerant wie Sie selber sind.
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Mehr Toleranz
… wirklich für jeden?
Veröffentlicht am: 16.11.2019
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