Der deutsche Spendenmarkt ist deutlich größer als bisher angenommen. Da es keine staatliche Spendenstatistik gibt, haben bisher hauptsächlich Marktforschungsunternehmen den Spendenmarkt auf Basis von Umfragen geschätzt.
Sie kommen seit mehreren Jahren auf einen relativ konstanten Wert von rund 5,3 Milliarden Euro an privaten Spenden pro Jahr. Doch dieser Wert beinhaltet aus methodischen Gründen beispielsweise weder Erbschaften noch Großspenden, die bei spendensammelnden Organisationen einen immer größeren Anteil ihrer Einnahmen ausmachen. Zumal ein deutlicher Trend darin besteht, dass weniger Menschen höhere Beträge spenden.
Nun hat der Deutsche Fundraising Verband gemeinsam mit Professor Tom Neukirchen auf Basis mehrerer Datenquellen und Expert*inneninterviews den Markt neu geschätzt. Ergebnis: es dürften eher 12 Milliarden Euro private Spenden pro Jahr sein. Hinzu kommen die Unternehmensspenden, die laut der relevanten Studie der Bertelsmann Stiftung und des Stifterverbands bei rund 9,5 Milliarden Euro liegen. Weiterhin sollte die international ungewöhnliche Kirchensteuer berücksichtigt werden, die man nur bezahlt, wenn man freiwillig Kirchenmitglied ist. Entsprechend weitere 12,4 Milliarden pro Jahr, die in anderen Ländern entsprechend durch Spenden aufgebracht werden müssten.
Larissa M. Probst, Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbandes überblickt das Spendenvolumen insgesamt: „Damit wäre der deutsche Markt an freiwilligen Zuwendungen mit einem Umsatz von rund 33,9 Milliarden Euro größer als die meisten Dax-Unternehmen. Im nächsten Schritt möchten wir noch den Wert von Sachspenden und Zeitspenden der Ehrenamtlichen mit berechnen, so dass bald die Zivilgesellschaft und ihr Wert deutlich wird.“
Das Spendenvolumen ist zudem noch lange nicht ausgeschöpft. In den USA wird laut Probst pro Kopf in etwa 2,5 mal so viel gespendet. Auf Deutschland umgerechnet ergibt es ein Potenzial von 81,4 Milliarden. Das Aufholpotenzial für die finanzielle Unterstützung der Zivilgesellschaft in Deutschland liegt insbesondere bei den Hochvermögenden in Deutschland. Weiterhin zeigen neueste Berechnung von Schomerus – Beratung für gesellschaftliches Engagement GmbH, dass das Potenzial aus privaten philanthropischen Gesamtvermögen pro Jahr bei 40,6 Milliarden liegt.
Insbesondere die Zielgruppe der Hochvermögenden ist derzeit sehr liquide und ihre Bereitschaft zum Spenden steigt, wenn die Zinsen sinken, so Probst: „Das ökonomische Umfeld ist gut. Aber das Spenden muss noch selbstverständlicher werden. Dafür müssen vor allem auch die politischen und rechtlichen Bedingungen für gemeinnütziges Engagement gefördert werden! Das große Potenzial des philanthropischen Investierens sollten wir stärker für die Zivilgesellschaft und Allgemeinwohl erschließen“.
Deutscher Fundraising Verband e.V.
Seit seiner Gründung im Jahr 1993 steht der Deutsche Fundraising Verband für eine starke Kultur des Gebens in Deutschland. Der Fachverband vertritt die haupt- und ehrenamtlichen FundraiserInnen, Spendenorganisationen, Fundraising-DienstleisterInnen sowie VertreterInnen aus Wissenschaft und Forschung in Deutschland. Er ist europaweit der zweitgrößte Fachverband seiner Art und fördert die Professionalisierung des Berufszweiges und die Umsetzung ethischer Prinzipien in der Branche.