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E-Fuels (2)

Sauberer Sprit dank Reinheitsgebot 2.0

(Hans-Robert Richarz, Auto-Medienportal.Net) Wasser, Kohlendioxid aus der Luft und elektrischer Strom aus erneuerbaren Energien. Sonst nichts.

Was sich wie das deutsche Reinheitsgebot für Bier aus dem Jahr 1516 (Wasser, Braugerste, Hopfen) anhört, gilt im 21. Jahrhundert für den Treibstoff für Verbrennungsmotoren der Zukunft. Denn aus H2O, CO2 und Elektrizität stellt das Dresdner Start-up-Unternehmen Sunfire eine Flüssigkeit her, mit der Autos in Zukunft genauso problemlos fahren können wie heute mit Benzin oder Diesel.

Sunfire- Gründer und Geschäftsführer Nils Aldag erklärt das vereinfacht so: „Anstatt wie bei der Natur zu warten, dass über Fotosynthese erst ein Baum entsteht, der dann über Millionen von Jahren unter der Erde landet und daraus Erdöl wird, nehmen wir diese Moleküle, CO2 und Wasser und spalten sie mit erneuerbarem Strom aus Sonne und Wind auf und erzeugen in kürzester Zeit saubere Kraftstoffe." Hört sich an wie Zauberei, ist es aber nicht.

„Power-to-X" nennt sich das Verfahren, das Strom aus erneuerbaren Quellen in Energiespeicher, Energieträger oder energieintensive Chemieprodukte umwandelt. Daraus können im zweiten Schritt maßgeschneiderte Kraftstoffe, verbesserte Kunststoffe oder andere Chemieprodukte entstehen. Damit soll „Power-to-X“ zum Ziel der Dekarbonisierung der Energiesysteme beitragen und den Anteil fossiler Rohstoffe in den Bereichen Transport und Verkehr sowie Chemie minimieren.

Erst kürzlich demonstrierten Forscher des sogenannten Kopernikus-Projektes P2X auf dem Gelände des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wie aus Kohlendioxid, Wasser und Ökostrom ein Liter Kraftstoff entstehen kann. Zu diesem Konsortium gehören acht Forschungseinrichtungen, 27 Industrieunternehmen sowie drei zivilgesellschaftliche Organisationen an. Eines der Mitglieder ist Sunfire. Das hinter dem Kopernikus-Projekt stehende Bundesministerium für Bildung und Forschung nennt als Ziel „innerhalb von zehn Jahren neue technologische Entwicklungen bis zur industriellen Reife" zu bringen.

Was den künstlichen Kraftstoff angeht, scheint Sunfire schneller zu sein. Für die notwendigen chemischen Prozessschritte entwickelte das Start-up-Unternehmen aus Dresden zusammen mit drei Partnern eine kompakte Anlage, in der das Funktionsprinzip deutlich wird. Dabei sind vier Schritte notwendig, bis Benzin oder Diesel entstehen kann: Zunächst wird Kohlendioxid aus der Luft gewonnen. Danach erfolgt eine gleichzeitige elektrolytische Spaltung von Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf in einem von Sunfire entwickelten Verfahren. Diese Co-Elektrolyse produziert in einem einzigen Prozessschritt Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid, ein Synthesegas, das die Grundlage für vielfältige Prozesse in der chemischen Industrie darstellt. Bemerkenswert ist der hohe Wirkungsgrad dieses Verfahrens, das im industriellen Maßstab 80 Prozent des eingesetzten Ökostroms chemisch im Synthesegas binden kann.

Im dritten Schritt entsteht per Fischer-Tropsch-Verfahren aus dem Synthesegas ein flüssiger Energieträger. Dieses Prinzip wurde bereits 1925 am Kaiser-Wilhelm-Institut (heute Max-Planck-Institut) in Mülheim an der Ruhr entwickelt, um aus Kohle Synthesegas und daraus wiederum mit Hilfe von Katalysatoren flüssige Treibstoffe zu gewinnen. Schließlich optimiert ein vierter Schritt Qualität und Ausbeute des Kraftstoffes: Dazu werden unter Wasserstoffatmosphäre die langen Kohlenwasserstoffketten in Gegenwart eines Katalysators teilweise aufgespalten und zu mehr verwendbaren Kraftstoffen wie Benzin, Kerosin und Diesel verändert.

Noch ist die Ausbeute im Experiment recht mager. Zunächst waren alle Beteiligten stolz auf einen Liter künstlich hergestellten Sprit. Dann ließen sich pro Tag bis zu zehn Liter Benzin herstellen. Doch dabei soll es nicht bleiben. Eine Anlage, die 200 Liter pro Tag produziert, ist schon in Planung, die nächstgrößere, die das Zehnfache herstellen soll, bereits angedacht.

Sunfire will es damit nicht bewenden lassen und peilt mit dem Kraftstoff der Zukunft schon bald eine industrielle Produktion an. Dafür gelang es den Pionieren aus Dresden, zahlungskräftige Sponsoren ins Boot zu holen. Kürzlich berichtete das Düsseldorfer „Handelsblatt": „Erst im Januar sammelte die Firma in einer neuen Finanzierungsrunde 25 Millionen Euro ein. Auch der französische Ölmulti Total sieht Potenzial, er investiert schon länger in die Dresdener.

„Total freut sich, effiziente Technologien zur Wiederverwendung von CO2 in Chemikalien, Roh- und Kraftstoffen einzusetzen. Die Abscheidung, Nutzung und Speicherung von CO2 wird eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der Klimaneutralität spielen, ohne das wirtschaftliche und soziale Wachstum zu beeinträchtigen", sagte Marie-Noelle Semeria, Senior Vice President, Group Chief Technology Officer bei Total.

Während der Zusammenarbeit mit Total wird der Elektrolyseur von Sunfire in verschiedene Forschungsprogramme eingebunden. Am Standort Leuna werden unter anderem diverse operative Studien durchgeführt, um die Leistungsfähigkeit des Systems auch in Abhängigkeit von variabler erneuerbarer Energiezufuhr zu bewerten. Das Pilotprojekt ist zunächst auf drei Jahre begrenzt, soll aber erst der Anfang sein. Total Carbon Neutrality Ventures, die Beteiligungskapitalgesellschaft der Total SA, ist seit 2014 Minderheitsaktionär von Sunfire.

Das Pilotprojekt in Sachsen-Anhalt hat freilich vorerst noch kleine Dimensionen. In den kommenden drei Jahren sollen aus ihm 500 Tonnen des synthetischen Grundstoffs für die Herstellung von „grünem" Methanol hervorgehen. Im gleichen Zeitraum produziert die Total-Raffinerie in Leuna 2,1 Millionen Tonnen traditionell hergestelltes Methanol.

Währenddessen macht das norwegische Unternehmen Nordic Blue Crude Nägel mit Köpfen und plant eine kommerzielle Anlage, die täglich gut 25.000 Liter Rohöldestillat herstellen soll. Auch hier wird eine Co-Elektrolyseanlage von Sunfire eingesetzt.

Die Vorteile der daraus gewonnenen Kraftstoffe liegen auf der Hand. Sie können ohne irgendwelche Umbauten Autos, Bahnen, Flugzeuge oder Schiffe antreiben, emittieren dann freilich die gleichen Schadstoffe, die fossile Treibstoffe verursachen. Weil sie aber besonders rein sind, entstehen weit weniger Ruß und Stickoxide und lediglich so viel CO2, wie bei der Herstellung des Destillats der Luft zuvor entnommen wurde. Noch ist künstlicher Sprit allerdings teuer. In mittlerer Zukunft geht man bei Sunfire preislich von einem Euro pro Liter aus. Kurzfristig aber schlägt er mit 2,50 Euro zu Buche.

Mit der Antwort auf die Frage, was Treibstoff-Großverbraucher mit gewaltigen Fahrzeugflotten wie die Deutsche Post vom künstlich ohne Öl produziertem Benzin oder Diesel halten, wird sich die nächste Folge unserer Reihe „E-Fuels“ über synthetische Kraftstoffe" beschäftigen. (ampnet/hrr)

Foto: Auto-Medienportal.Net

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Veröffentlicht am: 08.01.2020

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