Tagtäglich erreichen mich irgendwelche Studien. Mal lese ich sie, mal höre ich davon im Radio und mal erreichen sie mich per Mail. Diese Studien eint in sehr vielen Fällen, dass sie eine sehr einfach formulierte Aussage haben, aber zumeist verschweigen, wer wie von wem und unter welchen Voraussetzungen und über welche Medien gefragt wurde. Häufig ließt man nicht einmal genau, welche Frage eigentlich gestellt wurde.
Eigentlich gehören für mich solche Studien in die „runde Ablage“, den Papierkorb, denn für mich sind sie keinen Cent wert. Das Problem ist aber, sie sind in der Welt und machen Stimmung, beeinflussen die Meinung, die private und die öffentliche.
So eine Studie erreichte mich gestern. Vielleicht haben Sie auch gehört, dass ein Drittel der Deutschen keinen Ausländer als Nachbarn haben wollen. Mal ehrlich wer hat schon wirklich einen Ausländer, also einen Menschen mit einer nichtdeutschen Staatsbürgerschaft zum Nachbarn oder überhaupt die Chance, je einen solchen Nachbarn zu haben?
Ich fragte mich auch, wer da wen als Ausländer ansieht? Wie wäre es mit Earth, mit Brunotte, mit Szillat, mit Koslowski, mit Marshal, mit Rossi? Sind das alles Ausländer? Dem Namen nach ja, aber da ich alle kenne, kann ich versichern, dass die alle einen deutschen Stammbaum über mindestens vier Generationen haben. Und wie ist es mit Otto, mit Schmidt, mit Althausen? Sind die als deutsche Nachbarn willkommen? Alle drei sind als sowjetische oder rumänische Staatsbürger geboren, konnten kaum deutsch, als sie hier her kamen und können bis heute ihre Wurzeln nicht verbergen.
Hat die Studie danach gefragt oder unter Ausländer nur verstanden, wer nicht deutsch aussieht? Das wäre schon ziemlich bedenklich. Und wen hat man eigentlich gefragt? Menschen in Berlin? Und wo dort – im reichen Grunewald oder im angeblichen Problembezirk Tempelhof? Wurden die Leser von „Bild“ oder die der „TAZ“ gefragt?
Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich nicht antworten können. Warum? Weil es mir schlicht egal ist, was in der Geburtsurkunde eines Menschen steht. Ich will als Nachbarn keinen Säufer, keinen, der rumkrakelt, der Frau und Kinder drangsaliert, der drei unerzogene Hunde in der Wohnung hat, der jeden für jeden Unsinn anzeigt, der sich an keine Regeln hält, der mir permanent auf die Nerven geht, bei dem die Polizei aus und ein geht, der mehr von allen im Haus weiß, als die Menschen selber. Ich will schlicht keinen Nachbarn haben, gegen den Ekel Alfred ein netter Mensch ist. Da ist es mir wie gesagt völlig egal, woher mein Nachbar stammt, denn es gibt überall Menschen, die man nicht einmal von hinten sehen will. Und, die meisten, die für mich dazu gehören, sind so deutsch, wie man als Ekel Alfred-Kopie nur sein kann.
Wie eingangs gesagt, wer solche undurchsichtigen Studien erstellt und vor allem, wer die veröffentlicht, spielt ein gefährliches Spiel. Solche Typen möchte ich auch nicht als Nachbarn haben – aber die kann man sich ja ohnehin nicht aussuchen.
Ich gehe jetzt zu meiner arabischen Verkäuferin und hole Brötchen. Auf dem Weg werde ich noch Mett beim arabischen Metzger und Blumen bei meiner vietnamesischen Blumenhändlerin kaufen – und das alles für die Beste Frau der Welt, die, wie ihr Name verrät, eigentlich Französin ist.
Ihnen wünsche ich ein genussvolles Frühstück.
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Ausländer nein Danke
… oder was eine Studie nicht sagt
Veröffentlicht am: 30.01.2020
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