Geiz ist geil – das weiß jeder. Ich hoffe nur, das beherzigt auch nicht jeder, denn Geiz ist auch teuer. Doch gestern hörte ich eben, dass auch Ehrgeiz geil ist.
Schön, neu ist das nun wirklich nicht. Ohne Ehrgeiz würde es für uns alle, aber vor allem für jeden Einzelnen nicht so voran gehen, wie er es will. Gäbe es keine ehrgeizigen Menschen, würde es wohl nie ein Mittel gegen das Corona-Virus geben.
Ehrgeiz ist geil - kann man das aber einfach so unterschreiben? Da klingt ja auch mit, dass man vom Ehrgeiz zerfressen sein kann. Das ist nun genauso toll, wie übertriebener Geiz. Schön, jeder Übertreibung ist alles andere als sinnvoll und zielführend. Da kann man wirklich nehmen, was man will.
Doch zurück zum Ehrgeiz. Wenn man etwas erreichen will – egal ob als Umweltschützer, als Wirtschaftsboss, als Politiker, als Handwerker, als Familienvater, als Student, als Sportler oder sonstwas – ohne Ehrgeiz geht nichts. Ich behaupte, das gilt selbst für Eremiten und Mönche. Ehrgeiz – das ist für mich nämlich erst mal nichts weiter, als ein avisiertes Ziel wirklich erreichen zu wollen. Und so ein Ziel kann eben sein, Gott nah zu sein, den Klimawandel aufzuhalten, einen Konzern aufzubauen, eine Familie sehr gut durch die Zeit zu bringen, einen Marathon unter 2,5 Stunden zu laufen oder sein Golf-Handicap unter 10 zu drücken. Ehrgeiz ist auch nötig, um ein guter, vielleicht sogar um ein herausragender Wissenschaftler oder Künstler zu werden.
Ehrgeiz ist also etwas, was uns befähigt, unsere Ziele zu erreichen. Ehrgeiz ist aber auch notwendig, diese Ziele immer wieder neu zu definieren und nach immer Höherem zu streben, immer danach zu streben, ganz oben auf dem Siegertreppchen zu stehen. Das Problem daran ist nur, dass es ganz oben auf dem Treppchen sehr eng ist, aber ganz viele Ehrgeizlinge dort Fuß fassen wollen.
Und spätestens hier ist Ehrgeiz nicht mehr nur geil, sondern gefährlich, im schlimmsten Fall sogar tödlich. Wer immer nur nach Höherem strebt, lässt nahezu zwangsläufig vieles, zumeist zu vieles hinter sich. Wer sehr ehrgeizig ist, der muss seine Ellenbogen einsetzen, der muss kämpfen, der „kennt keine Verwandten mehr“, wie es der Volksmund so richtig formuliert.
Doch muss das so sein? Hier ein klares JEIN. Ohne jeden Ehrgeiz zu sein, heißt auch ohne Antrieb zu sein, heißt sich aufzugeben. Das ist nicht nur nicht schön, sondern wie schon gesagt, gefährlich bis tödlich. Es ist also wie so häufig im Leben: Man muss einen Mittelweg für sich finden. Dazu muss ich sagen, dass man nicht den einfachen Weg suchen soll. Wie wir aus der Bibel wissen, ist es eben nicht der gerade sondern der steinige Weg, der zum Ziel führt. Das heißt ja nichts weiter, als dass wir ehrgeizig sein sollen, sein müssen – aber eben in den Maßen, in dem er uns gut tut.
Ich habe in nunmehr einigen Jahrzehnten auf dem Buckel festgestellt, dass ich an der einen Stelle schon ziemlich ehrgeizig war und bin, an anderen Stellen dagegen weniger. Ich habe auch festgestellt, dass Ehrgeiz geil ist – und das unabhängig von meinem Alter. Es ist nur unterschiedlich, wie und wo ich meinen Ehrgeiz freien Lauf lasse, wo ich meine Energie investiere. Ich habe auch festgestellt, dass meine Lebensfreude, mein Lebensgenuss nicht viel mit dem Umsetzen meiner ehrgeizigen Ziele zu tun hat. Ich habe auch festgestellt, dass Ehrgeiz zwar geil ist, aber ich meine Ziele eben auch meinem Vermögen – nicht dem Bankkonto – anpassen muss. Nichts mit Marathon, nichts mit einem niedrigen Golf-Handicap. Mein Ehrgeiz geht vor allem dahin, Spaß zuhaben, das Leben zu genießen, tolle Leute zu treffen, zu reisen und gut zu essen und zu trinken.
Ganz aktuell gilt mein Ehrgeiz einem perfekten Frühstück mit der Beste Frau der Welt.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück und Gesundheit.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Kasimir, Edwin, Humbert
Foto: Pixabay