Im Urlaub bin ich irgendwie immer auf der Wanderschaft – mal in den Alpen, mal an der See, mal in einer Stadt. Da bin ich froh über jeden Ruhepol. Wenn es dann in diesen Zeiten auch ohne weiteres möglich ist, die Abstandsregeln einzuhalten und ich nicht aufgefordert bin, eine Maske zu tragen, so liebe ich diesen Ort um so mehr.
So ein Ort gibt es in jedem Dorf, in jeder Kommune. Manche sind völlig unbekannt, manche kennt man weltweit und die werden schon mal auch von Touristen bevölkert. Und doch, jeder Besucher verhält sich ruhig, keiner will einem etwas verkaufen – zumindest, wenn man das Tor durchschritten hat.
Ja, ich spreche von Friedhöfen. Es gibt eben die bekannten, wie den in Wien auf dem Foto, in Berlin, Prag, London, Paris oder in anderen Großstädten. Um den venezianischen zu erreichen, muss man sogar ein Boot besteigen. Auf solchen Begräbnisstätten sind viele prominente Menschen begraben, kann man gewaltige, interessante, aber auch skurril gestaltetet Grabstellen besuchen und bewundern. Manche davon sind wirkliche Pilgerstätten für Fans, für Menschen, die wenigstens einmal am Grab von dem oder der geschätzten Person stehen, Blumen niederlegen oder ein mitgebrachten Steinchen hinlegen wollen. Doch auch diese Friedhöfe bieten sehr ruhige Ecken, in dem man mal Entspannung findet.
Das ist auf den Friedhöfen von Dörfern oder kleinen Städten deutlich einfacher. Mich fasziniert immer wieder die unterschiedliche Kultur der Grabgestaltung. Die ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Allein das ist interessant. Ich schlender aber auch gern an den Gräbern vorbei. Manchmal steht, was derjenige im Leben gemacht hat. Man findet sicherlich Namen, die einem auch im Ort begegnen, man kann erahnen, welche Dynastien es gab und gibt. Ich spekuliere dann auch, warum es Gräber in der einen und in der anderen Ecke des Friedhofs mit dem gleichen Familiennamen gibt.
Hat man sich nicht verstanden, gab es da Zank und Streit? Manchmal erfährt man darüber mehr im Heimatmuseum, manchmal auch im Wirtshaus. Viele Leute freut es, wenn man sich für sie, für ihren Ort interessiert und erzählen die überlieferten oder noch selbst erlebten Geschichten.
So sind Friedhöfe für mich ein Rückzugsort, aber auch ein Ort, wo Geschichte und Geschichten erlebbar werden. Manchmal komme ich mit Hinterbliebenen, manchmal auch mit Steinmetzen und selten auch mit Geistlichen ins Gespräch. Die sind immer interessant und ich lerne immer was. Außerdem schöpfe ich so Kraft – eine ganz besondere Kraft. Ja, Friedhöfe sind für mich so etwas wie Kraftorte, die eine ganz besondere Ausstrahlung, eine ganz besondere Aura haben. Deren Besuch gehört einfach zu jedem Urlaub, zu jedem Ausflug dazu.
Doch das hat nichts mit so etwas wie einer Todessehnsucht zu tun. Dazu genieße ich das Leben viel zu sehr – vor allem das mit der Besten Frau der Welt. Die hat gerade den Frühstückstisch gedeckt.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück und Gesundheit.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Thomas Ap., Ramon, Ramona
Foto: Brigitte Buschkoetter / pixelio.de
Morgengruß von Helmut Harff: Auf dem Friedhof
… (m)einem Rückzugsort
Veröffentlicht am: 03.07.2020
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