Seit nett zueinander – wenn man das heute fordert, bekommt man unter Umständen nicht nur verbal eins auf die Nase. Es besteht die Gefahr, gleich als Corona-Leugner, als Querdenken in eine braun eingefärbte Schublade gesteckt zu werden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob man mit so einer Aussage schon ins Visier der Sicherheitsdienste gerät.
Dabei finde ich, dass es schon seit einer gefühlte Ewigkeit nicht mehr so wichtig, so existenziell wichtig war, nett zueinander zu sein. Wenn ich heute durch die Straßen gehe, habe ich den Eindruck, überall Menschen zu sehen, wie ich sie noch aus DDR-Zeiten kenne. Nein, wir in der DDR waren nette Menschen. Doch ich erkannte die selbst dann, wenn sie Westklamotten trugen. Viele Menschen im Osten liefen mit dem Gesicht nach unten und hängenden Schultern rum. Ich hatte immer den Eindruck, dass sie etwas belastet. Auf der legendären Demo am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderpatz forderte – wenn ich mich richtig erinnere – der Schriftsteller Stefan Heym: „„Wir haben in diesen letzten Wochen unsere Sprachlosigkeit überwunden und sind jetzt dabei, den aufrechten Gang zu erlernen.“
Und heute? Ich finde, wir haben unsere Sprache unter der Maske verloren, reden weniger mit einander und – so meine Befürchtung – sind auch weniger nett zueinander. Ja, ich glaube, wir haben den aufrechten Gang verlernt, lassen uns von wenigen Menschen vorschreiben, wie wir leben. Und da bleibt das Miteinander, das Nettsein eben mal so auf der Strecke. Doch was bedeutet das, was macht das mit uns? Wo sind die, die 1989, die 1990 den aufregte Gang geübt haben?
Seit nett zueinander – das sollte gerade heute die Botschaft von Merkel, Söder, Heil und Co. sein. Warum, weil heute der World Kindness Day – der Welt-Nettigkeitstag – begehen. Bei www.kleiner-kalender.de ist zu erfahren, dass dieser Aktionstag von der japanischen Nettigkeitsbewegung initiiert wurde. Die Premiere feierte der Tag 1998 in Tokyo am Erföffnungstag der Konferenz des World Kindess Movement.
Ich sehe überhaupt keinen Grund, gerade in diesem Jahr nicht nett zueinander zu sein – ganz im Gegenteil. Man kann nett zueinander sein, ohne die Abstandsregeln, ohne die Maskenpflicht auch nur anzukratzen. Man muss sich ja nicht herzen, es gibt sooooo viele Möglichkeiten nett zu seinen Mitmenschen zu sein. Man kann im Übrigen auch mal völlig egoistisch sein und gaaaaaanz nett zu sich selber sein. Toll wäre, wenn das nicht nur heute dazu führen würde, dass wir den aufrechten Gang eben nicht vergessen, wenn wir nicht vergessen, dass es vor allem die kleinen, netten Gesten sind, die das Leben – was es auch immer gerade bereit hält – lebenswert machen.
Mir geht es jeden Tag und nicht nur beim Frühstück so, dass ich Nettigkeiten erfahre. Schließlich habe ich die Besten Frau der Welt an meiner Seite und das ist nett.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Eugen, Stanislaus, Livia, Rene
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Seit nett zueinander
… und das nicht nur heute
Veröffentlicht am: 13.11.2020
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