In der DDR gab es ein Song vom Oktoberclub, in dem heißt es „Sag mir wo Du stehst und welchen Weg Du gehst“. Man wollte uns damit auffordern, Haltung, Haltung pro Partei- und Staatsführung, pro Arbeiter-und Bauernstaat zu zeigen. Später zeigten viele Haltung – nur in die andere Richtung.
Haltung zeigen, dazu wurde man nicht nur in der DDR aufgefordert. Haltung zeigen, das wird immer wieder und von allen Seiten eingefordert. Meistes geht es den Forderen darum, in ihrem Sinne Haltung zu zeigen. Wer die geforderte Haltung nicht zeigt, wird schnell als haltungslose Typen bezeichnet. So verkommt für mich Haltung zeigen eher dazu, anderen das Wort zu reden, vieles nachzuplappern, sich der Meinung, der Haltung in seinem Umfeld, in seiner Peergroup, anzuschließen. So wird Haltung eher Mainstream.
Ja, man kann hier und da der gleichen Meinung wie die Mehrheit sein – warum auch nicht. Doch das sollte immer weitgehend mit dem übereinstimmen, was man wirklich meint. Haltung zeigen, das hat auch und vor allem damit zu tun, nicht nur zu schwafeln, sonder auch Konsequenzen zu ziehen. Deshalb ziehe ich meinen Hut ganz tief vor dem katholischen Kardinal Marx, der vor dem Hintergrund der Missbrauchsfälle in seiner Kirche dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. Er zeigt damit Haltung, übernimmt als Führungsperson Verantwortung für Dinge in der katholischen Kirche, die ihm direkt gar nicht vorzuwerfen sind.
Marx zeigt exemplarisch, dass Haltung zeigen auch etwas mit dem Ziehen von Konsequenzen zu tun hat. Wer die Umwelt fast im Alleingang retten will, muss nicht nur verbal Haltung zeigen, sondern eben auch viel dafür im täglichen Leben tun. Wer als Reichsbürger den Staat nicht anerkennt, darf eben auch keine Leistungen, die der Staat anbietet, annehmen. Wer so Haltung zeigt, dem sollte man zumindest nicht den Respekt verweigern.
Und ich selber? Wann zeige ich Haltung? Längst nicht immer, denn nur reden reicht eben nicht um Haltung zu zeigen. Ja, ich zeigte Haltung in der DDR, wollte eine andere Gesellschaft. Ja, ich zeige Haltung, wenn es um die Energiewende geht. Doch das heißt eben nicht, dass ich für Elektroautos bin. Ich bin aber für mehr Solaranlagen, für noch mehr Windräder vor meinem Bürofenster.
Haltung zeigen, das haben auch die US-Amerikaner getan, als sie auf ihrem Wahlzettel entweder für Donald Trump oder für Joe Biden Kreuze machten. So viel Haltung zeigen, das kann also eine Gesellschaft auch spalten. Das reicht runter bis in die Familien. Ob die Amis heute, am „National Attitude Day“, darüber nachdenken?
Haltung zeigen in der Familie? Da sollte man aufpassen, dass man Haltung zeigen nicht damit verwechselt, seinen Kopf durchzusetzen. Ich zeige jetzt Haltung und mache für die Beste Frau der Welt und mir das Frühstück. Dabei teilt sie meine Haltung kompromislos.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Winfried Bonifatius, Erika
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Haltung zeigen
… ist das noch modern
Veröffentlicht am: 05.06.2021
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