Gerade hörte ich im Deutschlandradio die Morgenandacht. Eine Frau, der Stimme nach nicht mehr die Jüngste, forderte uns Ältere auf, zugunsten der Jungen Verzicht zu üben. Schön dachte ich, und wartete. Ich wartete, worauf die Rednerin nun konkret verzichten will oder es schon tut. Doch es kam nichts.
Na ja, so neu ist das ja nicht, dass einige gern Wasser predigen und Wein trinken – der Volksmund spricht auch von Wein saufen. Doch das mit dem Verzichten ist ja so eine Sache. Worauf könnte ich denn verzichten? Im ersten Impuls hole ich erst einmal tief Luft und atme die dann mit einem Pfiff wieder aus. Ja, worauf denn nun? Ich ganz persönlich? Gönne ich mir Dinge, auf die ich verzichten könnte? Ja, da gibt es sicherlich einiges, doch möchte ich auch darauf verzichten? Möchte ich auf meinen Golfsport verzichten, auf den Grill im Garten, auf die Stunden vor dem Kamin, auf Reisen, auf schicke Kleidung, auf meine auffällige Brille, auf mein großes Arbeitszimmer, auf das Auto, das ich gar nicht selber fahre? Nein, darauf will ich nicht verzichten. Da halte ich es mit Vicco von Bülow alias Loriot, der ja mal festgestellt hat: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“. Auf ein sinnloses Leben kann ich aber nun wirklich verzichten.
Doch worauf kann ich verzichten? Auf die vielen selbsternannten Gutmenschen und Besserwisser kann ich genau wie auf die zumeist völlig unleserlichen Wahlplakate. Ich kann auch auf 16 Landesparlamente und ich kann auf so manchen Politiker und die vielen angeblichen Experten verzichten. Ich kann auch auf die vielen Werbeplakate verzichten. Ich kann auf Tempo 30 in Städten und auf Freie Fahrt für freie Bürger auf Autobahnen verzichten. Ich kann garantiert auf 50 Prozent der Bürokratie, aber auch auf Sozialbetrüger, die armen und die reichen, verzichten. Ich kann auf eine vier Jahre dauerende Finanzprüfung, ja auf die Steuer- und Finanzbürokratie verzichten. Und, ich kann gut auf die verzichten, die mich immer wieder auffordern, Verzicht zu üben.
Wer sind wir, wer bin ich, dass ich Menschen zum Verzicht auffordere? Wenn das überhaupt jemand macht, dann muss er mit gutem Beispiel voran gehen. Und selbst dann bleibt vieles zweifelhaft. Denn es ist ja so, dass das, was für den einen Verzicht bedeutet, für den anderen gar kein Thema ist. Auf ein Haustier zu verzichten, auf eine Motorjacht, auf ein Motorrad, auf ein Haus, einen Pool, auf Markenklamotten zu verzichten fällt mir im Gegensatz zu anderen überhaupt nicht schwer – weil ich nichts davon besitze.
Worauf ich allerdings auf keinen Fall verzichten will, ist mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Oswald, Maria Schnee
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Verzichten!?
Ja, aber worauf…
Veröffentlicht am: 05.08.2021
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