Heute vor 1990 Jahren, genauer am 11. April 32 soll es passiert sein – da wurde Jesus von Nazareth, der König der Juden, gekreuzigt. Er starb nicht, er wurde hingerichtet, ermordet, gekreuzigt außerhalb des antiken Jerusalem. Diese Stätte wird Golgatha genannt. Im heutigen Jerusalem ist die Stätte durch die Grabeskirche gekennzeichnet.
Ja, Jesus war ein wirklich bemerkenswerter Mensch. Er soll der Sohn Gottes gewesen sein. Er war sicherlich ein kluger, ein ziemlich vorurteilsfreier Mensch, der Selbstzweifel kannte, der Wunder vollbringen konnte, der eine Art von Macht hatte, die wie er selber vor seiner Kreuzigung sagte nicht von dieser Welt war. Er lehnte – obwohl er die Wechsler aus dem Tempel vertrieb – Gewalt ab.
Ja, so ein Mann, der hat das Zeug dazu, ein Vorbild zu sein. Es ist klar, dass es ein sinnloses Unterfangen ist, auch nur annähernd so zu werden, wie der Jesus von Nazareth. Mein Vater kam aus Düsseldorf und hat nicht die Welt erschaffen, wie der Vater, dessen Tod heute die Christen beweinen. Und doch ist dieser viel zu früh gestorbene Mann ein Vorbild. Er wollte nicht mit Feuer und Schwert die Juden aus der römischen Knechtschaft befreien. Er hatte anderes vor, wollte die Menschen von ihren Sünden befreien. Das heißt für mich, er wollte uns zu besseren Menschen machen, nicht zu Leichen.
Ja, Jesus starb grausam, aber an seinen Händen klebte kein Blut. Er schaffte es auch nicht, die Juden mit den römischen Besatzern zu versöhnen. Und doch zeigte er, dass Krieg keine Lösung ist. Und andere, die ich zu meinen Vorbildern zählen darf, taten das auch. Was, wenn Gandhi, wenn Bischof Tutu und Nelson Mandela, wenn die Ungarn 1956, die Tschechen 1968, wenn Willy Brandt, John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow oder die Bürgerrechtler in der DDR oder die SED zu den Waffen gerufen hätten? Wie viele Millionen Tote hätte es gegeben, wie sehe die Welt heute aus? Hätten wir heute ein gemeinsames Deutschland? Gäbe es die Menschheit heute überhaupt noch?
Nein, die, die zu den Waffen rufen, die Fans von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ sind, die das Morden beflügeln, die Frieden als die zweite Wahl zur Beilegung von Streitigkeiten sehen, das können, das dürfen sicherlich nicht nur für mich keine Vorbilder sein. Das galt und gilt für alle Zeit. Sich gegenseitig zu töten, unzählige Werte zu zerstören, völlig Unbeteiligte um Hab und Gut und vor allem um das Leben zu bringen – wer so etwas tut oder auch nur gutheißt oder sogar noch daran verdient - der hat alle Rechte verwirkt, ein Vorbild, mein Vorbild zu sein.
Wenn wir, die so gern als schweigende Mehrheit bezeichnet werden, all den Menschen wie Jesus, wie Gandhi, wie Mandela und wen es da noch so alles gibt, zu unseren Vorbildern machen, dann müssten die Ukrainer und Ukrainerinnen nicht fluchtartig ihr Land verlassen. Dann könnten sie beispielsweise heute in der Kiewer Wladimir-Kathedrale ungefährdet Jesu Tod beweinen und am Sonntag an den Ufern der Dnepr für ihre Kinder Ostereier verstecken.
Habe ich kein weibliches Vorbild? Selbstverständlich. Das ist die Besten Frau der Welt, mit der ich jetzt frühstücke.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Karfreitagsfrühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Anastasia, Una, Damian
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Mein Vorbild?
Der, der am Kreuz starb – und wer noch
Veröffentlicht am: 15.04.2022
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