Gerade beginnt eine neue Runde der Diskussion um Tempolimits und Fahrverbote. Doch geht es dieses Mal nicht um die Verkehrssicherheit und auch nicht um das Klima. Jetzt soll die Maßnahme Russland ins Visier nehmen. Wir sollen langsamer fahren, damit die deutsche Abhängigkeit vom Öl des Aggressors geringer wird.
Gerade haben wir vom Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) gelernt, dass jetzt jedes Kilowatt zählt, nachdem er uns vorher beruhigt hatte, der Verzicht auf russisches Öl sei das kleinere Problem. Die Politiker haben offenbar noch eine zweite Agenda, wenn sie jetzt die Tempo-Diskussion wieder eröffnen.
Die Menge des verbrannten Kraftstoffs bestimmt die Menge des entstehenden CO2. Deswegen können wir die gewünschte Kraftstoffersparnis mit denselben Zahlenreihen behandeln wie die Argumente für den Klimaschutz. Dazu lieferten das Umweltbundesamt (UBA) und die Stiftung Agora Verkehrswende sehr ähnliche Ergebnisse. Sie prognostizieren beide eine Einsparung von zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) durch Tempo 130 auf deutschen Autobahnen.
Beiden Institutionen darf man getrost unterstellen, dass sie sich keineswegs zugunsten des Autos verschätzt haben. Die zwei Millionen Tonnen sind Teil der rund 150 Millionen Tonnen CO2 des Verkehrs. Andere seriöse Quellen halten die Aussage, ein Tempolimit senke den Verbrauch und die Emissionen um 1,5 Prozent für übertrieben. Sie bleiben bei Ihren Schätzungen am Ende deutlich unter der Eins. Egal, denn Autokritiker und Autoverteidiger landen mit ihren Werten tief in der Fehlermarge jeder Statistik. Der Effekt ist also nicht beeindruckend, wenn auch hilfreich.
Wie bei der Tempo-Diskussion fürs Klima drängt sich die Fragen auf: Warum könnten diese Maßnahmen jetzt sinnvoll sein, da uns die hohen Kraftstoffpreise sowieso schon Zurückhaltung lehren?
Beim Tempolimit fürs Klima wurden die wahre Motivation für die Einschränkungen manchmal sogar offen angesprochen. Danach war es den Urhebern der Idee weniger wichtig, wie sie sich auf die Abgasemissionen auswirken – die Menschen sollten lernen, dass sie ihr Verhalten der Verkehrswende anpassen müssen. Also nicht Klima, sondern Gehorsamssprung, damit der Bürger nicht weiterhin die Wende verweigert. Es geht es nicht um die Verkehrswende, es geht um die Zeitenwende. Im Zeichen der russischen Aggression dürfte deswegen neben den Kilowatts auch jetzt eine ganz ähnliche Absicht mitschwingen.
Wir sollen lernen, dass die Verteidigung der Ukraine für uns nicht ohne erhebliche Kosten abgehen wird. Die Bürger dieses Staates sollen froh sein, wenn es am Ende des Tages beim Geld, also bei hohen Energiepreisen und hoher Inflation bleibt. Tempolimit und Fahrverbote sind Symbole für die Ausnahmesituation. Sie sind eine Erziehungsmaßnahme, damit wir merken, dass der Krieg nicht in der Ferne ausgetragen wird.
Doch trotz Politik-Pädagogik gilt in unserer Demokratie hoffentlich: Der Bürger, ist durchaus in der Lage, selbst zu entscheiden, ob und wie er Energie und Kraftstoff sparen will. Dazu braucht er allerdings klare Ansagen und keine Hintergedanken, kein Durch-die-Brust-ins-Auge und schon gar keine Gehorsamssprünge. Hoffentlich nicht.
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