Ich muss mich gleich entschuldigen, denn in Sachen Theater, in Sachen Ballett ist das Staatstheater Cottbus nicht irgend eine Provinz, sondern gehört zumindest zu den bedeutenden Standorten der vielfältigen deutschen Theaterlandschaft.
Das beweist das Jugendstiltheater, das beweist die kleine aber feine Ballettcompagnie mit dem aktuellen Ballett „Endstation Sehnsucht“. In dem Ballett nach dem Stück „A Streetcar Named Desire“ des US-amerikanischen Autors Tennessee Williams geht es vor allem um Gewalt, um Gewalt unter Frauen und Männern, aber vor allem um Gewalt gegen Frauen, die in diesem Stück in einer Vergewaltigung gipfelt und die Hauptperson Blanche – gestern phantastisch getanzt von Nyla Tollasepp – in den Wahnsinn treibt.
All das hat als Gast des Hauses Martin Chaix auf einmalig intensive Art und Weise choreografiert und dabei seiner Truppe schauspielerisch alles abgefordert. Und die haben geliefert, wie man es auch bei den renommierten Compagnien nur selten erlebt.
Das Ballett beginnt mit einem fröhlichen Rock-and-Roll getanzt auf Spitze. Es gab gleich Szenenapplaus. Doch die Szenerie kippte schnell, noch einmal gab es spontanen Applaus, dann nichts mehr. Das Stück, die Tänzerinnen und Tänzer, aber auch das graue Bühnenbild hatten das Publikum so in seinen Bann gezogen, dass man die Anspannung, ja auch das eigene oder das Fremdschämen spüren konnte. Es bestand eine ganz merkwürdige Spannung zwischen Tänzerinnen und Tänzern auf der einen und dem Publikum auf der anderen Seite. Eigentlich wollte man auf die Bühne stürmen und die Leute dort schütteln.
Ich war so fasziniert, dass ich nie den Blick von der Bühne ließ. Sonst beobachte ich schon mal die Menschen um mich rum im Publikum. Das interessierte mich gestern erst zum Ende, denn ich rechnete nicht nur mit Jubel, sondern auch mit Missfallensäußerungen. Doch die blieben aus, dafür jubelte das Publikum und das völlig zu Recht. Was da Martin Chaix auf die Bühne - gestaltet von Thomas Mika, der auch die Kostüme kreierte – brachte und was die Tänzerinnen und Tänzer umsetzten, muss man einfach erlebt haben.
Wer immer die Möglichkeit hat, mal nach Cottbus zu reisen – kein Problem beispielsweise mit dem Zug aus Berlin per 49-Euro-Ticket – sollte das Ballett „Endstation Sehnsucht“ nicht versäumen. Noch ein Tipp für alle, die Theater- oder Ballettfestivals veranstalten: Dieses Ballett muss man einfach einladen.
Die Beste Frau der Welt und ich werden sicherlich bei unserem Frühstück noch über den gestrigen Theaterbesuch schwärmen.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Edward, Sibylle, Cyrill
Morgengruß von Helmut Harff: Gänsehaut pur
… und das nach einem Ballettabend in der Provinz
Veröffentlicht am: 18.03.2024
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