
Die neue Sonderausstellung im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) rückt das Werk eines der bedeutendsten deutschen Künstlerinnen der Moderne in den Fokus: Karl Hofer (1878–1955).
Auf der Suche nach einer menschlichen Wahrheit jenseits politischer und modischer Strömungen entwickelte Hofer eine eigenständige Bildsprache zwischen Expressionismus, Neuer Sachlichkeit und Magischem Realismus – geprägt von eindringlicher Emotionalität, stiller Dramatik und hohem Symbolgehalt.
Nach 1945 gab es nur eine Einzelausstellung Karl Hofers in einem ostdeutschen Museum: anlässlich von Hofers 100. Geburtstag 1978 in Halle (Saale). Nach einem halben Jahrhundert ist nun das Werk dieses wichtigen Malers wieder in einer repräsentativen Ausstellung zu sehen. Möglich ist dies dank der Sammlung Arthouse aus Leipzig, aus der erstmals ein umfangreiches Konvolut von 50 Gemälden, entstanden zwischen 1900 und 1954, gezeigt werden kann. In 7 thematischen Kapiteln werden Hofers zentrale Sujets vorgestellt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch – in seiner Würde, Verletzlichkeit und Einsamkeit. Rätselhafte Gestalten, Masken und Harlekine werden zu Symbolen für Rolle und Identität; Szenen von Schutzlosigkeit und Verwundung spiegeln die Erfahrungen von Krieg und persönlichem Leid; Landschaften und Stillleben dienen Hofer als Experimentierfelder für Form und Farbe.
Mit dieser inhaltlichen Bandbreite ermöglicht die Ausstellung nicht nur eine Auseinandersetzung mit Karl Hofers Themen, sondern auch einen Einblick in seine stilistische Entwicklung. Zudem verdeutlicht sie, warum Hofers Kunst – im Spannungsfeld zwischen Schönheit und Wahrheit – auch heute von eindringlicher Aktualität ist.
Das Schaffen Karl Hofers stieß nach dem Krieg in besonderem Maße im östlichen Teil Deutschlands auf Widerhall. Lange vor der einzigen musealen Präsentation 1978 in der DDR im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) widmete ihm die hallesche Galerie Henning 1948 und 1949 zwei Ausstellungen. In der Schau werden daher auch die Spuren aufgezeigt, die Hofer in Halle (Saale) hinterließ: Künstlerinnen der Halleschen Schule griffen seine Bildstimmung und Stilmittel auf – entgegen den staatlichen Vorgaben des Sozialistischen Realismus. So wurde Hofer auch in der DDR zu einem wichtigen, wenn auch ambivalenten Bezugspunkt.
Zur Ausstellung erscheint im E. A. Seemann
Verlag ein Katalog: 240 Seiten, 142 Abb.
ISBN: 978-3-69001-022-1
32 Euro (im Museum) | 42 Euro (im Buchhandel)
Die Ausstellung wird begleitet von einem vielseitigen Programm aus Vorträgen, Führungen, Workshops u. v. m. kurzlinks.de/g10s
Durch die Ausstellung führt ein Audioguide: kurzlinks.de/qhng
Karl Hofer 1878 Geboren in Karlsruhe
1897 Studium der Malerei an der Großherzoglichen Badischen Akademie der Künste in Karlsruhe
1902 Wechsel an die Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart
1903 Hochzeit mit der jüdischen Sängerin Mathilde Scheinberger, Umzug nach Rom
1908 Umzug nach Paris
1910/11 Reisen nach Indien
1912/13
1913 Umzug nach Berlin
1914 Sommeraufenthalt in Frankreich, bei Kriegsbeginn Internierung, später Verlegung in ein Lager für höhere Persönlichkeiten
1917 Entlassung in die Schweiz
1919 Rückkehr nach Berlin
1920 Berufung als Lehrer für Malerei an die Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg
1921 Berufung zum Professor ebenda
1923 Eintritt in die Preußische Akademie der Künste, Berlin
1927 Trennung von Mathilde Hofer. Die Ehe bleibt jedoch bestehen.
1929 Berufung in den Senat der Preußischen Akademie der Künste
1933 Beurlaubung von der Lehrtätigkeit durch die Nationalsozialisten
1934 Entlassung aus dem Hochschuldienst
1937 Entfernung von 313 Werken aus deutschen Museen, 9 Werke Hofers werden in der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt
1938 Auf Hofers Drängen wird die Ehe mit Mathilde geschieden; sie verliert damit den Schutz einer „privilegierten Mischehe“. Hochzeit Hofers mit seiner langjährigen Partnerin, dem Modell Elisabeth Schmidt
Ausschluss aus der Preußischen Akademie der Künste und der Reichskammer der bildenden Künste
1939 Nach der Scheidung Wiederaufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste
1942 Deportation und Ermordung von Mathilde Hofer im KZ Auschwitz-Birkenau
1943 Zerstörung von Hofers Berliner Atelier und Wohnung. Umzug in ein Privatsanatorium in Potsdam-Babelsberg
1945 Wiedereröffnung der Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg, Berufung zu deren Direktor
1948 /49 Einzelausstellungen in der Galerie Henning, Halle (Saale)
1955 Öffentlich ausgetragener Konflikt mit Will Grohmann über gegenstandlose Kunst, Rücktritt als Direktor der Hochschule für Bildende Künste, 3. April Tod infolge eines Schlaganfalls, Präsentation von 6 Werken auf der documenta I in Kassel
Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
06108 Halle (Saale)
T: +49 34521259-12
F: +49 345 20299-90
M: +49 152 31081006
www.kunstmuseum-moritzburg.de
www.kulturstiftung-st.de
Bild: Karl Hofer: Die Brücke (2), 1947, Öl auf Leinwand, 60 x 80 cm, Sammlung Arthouse, Foto: Sophia Kesting © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
KARL HOFER. ZWISCHEN SCHÖNHEIT UND WAHRHEIT
Erste Hofer-Retrospektive in Mitteldeutschland seit 1978 im Kunstmuseum Moritzburg
Veröffentlicht am: 29.12.2025
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