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Rostlauben für einige Millionen

... bedauert von Hans-Robert Richarz



Er muss ein seltsamer Vogel gewesen sein, dieser Rudolf Klein aus Rüsselsheim, der mit 18 Jahren nach Kanada auswanderte und dort zunächst eine Metzgerlehre absolvierte.


Später wechselte er seinen Wohnsitz in die USA und gründete 1967 in Los Angeles einen Schrottplatz. Allerdings einen ganz besonderen. Dafür hatte er in einer ausgesprochen düsteren Gegend der Millionenstadt, wo auch heute noch die Einwohner am liebsten ihre Wohnungen bei Dunkelheit nur mit schusssicherer Weste verlassen, zwei Firmen gegründet: das (ohne Druckfehler) als „Porche Foreign Auto Wrecking“ bezeichnete Unternehmen und sein „Auto Haus Klein“.

Beide Betriebe siedelte er auf einem 16.000 Quadratmeter großen und von einem hohen Zaun umgebenen Gelände an und startete ein äußerst erfolgreiches Geschäft. Wo auch immer auf der Welt er von einem Unfall mit einem außergewöhnlichen Auto hörte, kaufte
Klein es – oder das, was von ihm übrig geblieben war.

Manche Fahrzeuge zerlegte er in ihre Einzelteile, die er für viel Geld verhökerte, andere behielt er. So kamen im Laufe der Zeit bis zu Kleins Tod 2001 ein riesiger Haufen Schrott sowie eine ganze Reihe kompletter Autos zusammen, nach denen sich die Sammler seltenster Karossen heute alle zehn Finger und die Zehen noch dazu lecken würden. Zumal da, jeder, der zeitlebens einen Blick auf die Schätze werfen wollte, fast immer auf Granit biss. Dennoch sprach sich die
Sammlung herum und wurde so zur Legende.

Bislang verhielten sich auch die beiden Söhne wie ihr Vater. Doch jetzt müssen sie ihre Meinung geändert haben, denn am 26. Oktober will das Auktionshaus RM Sotheby‘s in gleich zwei parallel verlaufenden Versteigerungen – eine vor Ort, die andere online – den
Löwenanteil der Kostbarkeiten unter die Leute bringen.

Die waren Jahrzehnte lang der brennenden Sonne Kaliforniens ausgesetzt, nur wenige abgedeckt und daher die meisten in einem erbärmlichen und jämmerlichen Zustand.

Und die Geheimnistuerei geht weiter. Wo genau in Los Angeles die Auktion stattfinden wird, ist lediglich telefonisch oder per Email bei Sotheby’s-Managerin Tess Scaman zu erfahren. Interessenten, die am 25. Oktober das Angebot besichtigen und einen Tag später mitsteigern wollen, müssen sich zuvor persönlich als Bieter registrieren lassen. Wer sich an der Online-Auktion beteiligen will, muss sich ebenfalls an Frau Scaman wenden.

Dort stehen insgesamt 350 Positionen gefragter und seltener Teile wie zum Beispiel Maschinen, Getriebe, Vergaser oder Karosserieteile zur Wahl, während bei der Live-Versteigerung 138 Motoren und Teile sowie zwei Motorräder und 68 Autos unter den Hammer kommen, manche davon freilich nur als Blechknäuel erkennbar.

Dennoch gibt es ein paar Fahrzeuge, bei denen die Auktionatoren hoffen, sechs- bis siebenstellige Dollarsummen einstreichen zu können. Die zehn wertvollsten der von RM Sotheby’s unter der Bezeichnung „Der Schrottplatz“ („The Junkyard“) geführten Versteigerung sind:
- ein 1956er Mercedes-Benz 300 SL (geschätzt 4,5 Millionen bis 6,0 Millionen US-Dollar – 4,05 bis 5,4 Millionen Euro)

- ein 1935er Mercedes-Benz 500 K Caracciola Special Coupé von Sindelfingen (ca. 3,5 bis 5,4 Millionen Euro)

- ein 1939er Horch 855 Special Roadster von Gläser (ca. 2,7 bis 3,6 Millionen Euro)

- ein 1957er Mercedes-Benz 300 SL Roadster (720.000 bis 900.000 Euro)

- ein 1964er Iso Grifo Spider Prototyp von Bertone (630.000 bis 900.000 Euro)

- ein 1969er Lamborghini Miura P400 S (450.000 bis 630.000 Euro)

- ein 1968er Lamborghini Miura P400 (ebenfalls ca. 450.000 bis 630 000 Euro)

-ein 1959er Porsche 356 A Carrera 1500 GS/GT Coupé von Reutter (405.000 bis 450.000
Euro)

- ein 1962er Porsche 356 B 1600 Roadster von D’Ieteren (315.000 bis 495.000 Euro)

- ein 67er Lamborghini Miura P400 (315.000 bis 405.000 Euro).

Car-Editors Content: 06.10.2024

Von dem Mercedes-Benz 300 SL Aluminium Flügeltürer wurden lediglich 29 Exemplare produziert. Das Fahrzeug der Auktion ist darunter das einzige, das von Anfang an schwarz lackiert und mit roter Innenausstattung in Leder versehen war und neu vom legendären Ferrari-Importeur und Le Mans-Champion Luigi Chinetti, einem Amerikaner italienischer Herkunft bestellt wurde. Rudi Klein übernahm das Auto 1976.

Bei dem Mercedes-Benz 500 K „Caracciola“ Special Coupé handelt es sich um ein Auto, das speziell für die einstige Rennfahrer-Legende Rudolf Caracciola gebaut wurde. Der 500 K ist eines der gefragtesten Modelle aus der Klassiker-Ära des Stuttgarter Unternehmens.
Es soll nach dem Zweiten Weltkrieg in Äthiopien entdeckt worden sein, kam in frühen 60er-Jahren in die USA, wurde restauriert und nahm sogar am Pebble Beach während einer Monterey Car Week am Concours d’Elegance teil. Der Wagen geriet 1979 in die Hände von Rudi Klein und wurde seit 1980 in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen. Mitte der 1930er Jahre gewann der Deutsche Caracciola als erster Nicht-Italiener die Mille Miglia und wurde zum Star im Rennteam von Mercedes. Am Steuer der Silberpfeile sicherte er sich unter anderem sechsmal den ersten Platz beim Großen Preis von Deutschland, ein Rekord, der noch heute besteht.

Bei dem 57er Mercedes-Benz 300 SL Roadster handelt es sich um einen von nur insgesamt 30 werksseitig mit handgefertigten Rudgefelgen für den Renneinsatz ausgestatteter 300 SL Roadster. Ursprünglich mit dem legendären Farbton Mercedes Feuerwehrrot lackiert (DB 534), ist das Fahrzeug mit einer Kopie des einstigen
Auslieferungsdokuments versehen. Die Nummern von Motor, Hinterachse und einigen anderen Teilen sind dort vermerkt und entsprechen den Angaben auf dem Auto.

Bis zu vier Millionen US-Dollar (3,6 Millionen Euro) soll der Horch 855 Special Roadster  von 1939 mit einer Karosserie von Gläser in die Kasse spülen, das einzige noch existierende Exemplar der Modellreihe. Der ursprünglich nach Holland ausgelieferte Wagen kam 1980 in die Sammlung. Audi gelang es später, Klein zu überreden, dem Werk das Fahrzeug eine Zeit lang zu überlassen. Klein willigte ein, unter der Bedingung, dass der Horch auf höchstem Niveau restauriert werden musste. Das übernahm Audi, und der Wagen stand dann lange im Forum in Ingolstadt. Leider versäumte es Audi, das Auto zu kaufen. Jetzt kommt es unter den Hammer.

Von dem Iso Grifo A3/L Spider Prototyp wurde nur ein einzelnes Exemplar gebaut. 1964 zeigte Bertone eine Spider-Version des ein Jahr zuvor in Turin vorgestellten Iso Grifo A3/LCoupés. Der offene Prototyp wurde an einigen Salons gezeigt, in Serie gefertigt wurde Rarität kaum mehr gesichtet. Klein kaufte den Wagen 1980 von Greg Garrison, einem
bekannten Ferrari-Fan, Autosammler und Hollywood-Produzenten, der ihn seit 1973 gefahren hatte. Zu jener Zeit hatte der Spider schon einiges erlebt, die Front war nach einem Umfall modifiziert worden. Rudi Klein fuhr das Einzelstück eine Zeit lang und stellte es dann weg – wie viele andere seiner Sammlerstücke.

Dass Rudi Kleins Herz insbesondere für Autos aus Deutschland schlug, beweist die große Zahl von Modellen aus seiner alten Heimat. Unter den 68 angebotenen Fahrzeugen befinden sich 52 deutsche Modelle: zwei Audi, vier BMW, drei Horch, 14 Mercedes, drei Maybach, ein NSU, 24 Porsche und ein Volkswagen.

Alles in allem sollen alleine die Automobile zusammen bis zu 25 Millionen US-Dollar (22,5 Millionen Euro) einbringen. Was bei der drei Tage andauernden Online-Auktion mit ihren 359 Posten übrig bleibt, lässt sich nur schwer abschätzen, aber auch hier dürfte der Erlös in die Millionen gehen. Schon jetzt dürfte feststehen: Die Erben von Rudi Klein haben ausgesorgt. (aum)

Foto:
Autoren-Union Mobilität/RM Sotheby's

 


Veröffentlicht am: 08.10.2024

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