Morgengruß von Helmut Harff: Totensonntag

Heute begeht man in den protestantisch geprägten Ländern oder in denen, denen man so etwas nachsagt, den Totensonntag. Ja, auch ich habe ein kleines Gesteck auf das Grab meiner Eltern gelegt. Mehr passt ja auf ein Urnengrab nicht rauf.

Doch warum eigentlich? Für die Leute? Wer sieht das? Für mich? Ich muss kein schlechtes Gewissen bekämpfen. Für meine Eltern? Deren Seele ist irgendwo auf Wolke Sieben und genießt, was immer man dort genießen kann. Manchmal habe ich den Eindruck, dass sie mit Interesse verfolgen, was ihr Sohn so treibt. Ich glaube allerdings nicht, dass sie sich wirklich einmischen.

Und sonst? Da gibt es keine mir bekannten Gräber, um die ich mich kümmern müsste. Die einen kenne ich nicht, die anderen gibt es nicht mehr und manche haben nie ein Grab erhalten. Betrüben tut mich das nicht, denn ich weiß ehrlich nicht, was ich mit solchen ein, zwei Quadratmetern anfangen soll.

Was ich viel toller finde ist, dass sich all die Menschen, die mir familiär nahestanden, die ich teilweise nur vom Hörensagen kenne und die, die mein Leben eine Strecke lang begleitet haben, alle im Herzen habe. Ich erinnere mich an alle  mal mehr mal weniger. Aber alle haben bei mir ihre Spuren hinterlassen. Doch dafür benötige ich keinen Besuch an einem Grab, schon gar nicht einen Totensonntag. Ich habe nicht einmal Bilder all der Menschen aufgestellt, die ich überlebt habe. Na ja, mit einer Ausnahme. In der Korridor-Galerie hängen einige Bilder meines Vaters. Er war eben der einzige, der das tat – Bilder malen.

Ich mache viel lieber mein Herz weit auf, denke wann immer es sich ergibt an all die schönen Stunden, die Erlebnisse mit all denen, für die es wohl den Totensonntag gibt.

Ich genieße viel lieber mein Frühstück mit der Besten Frau der Welt – und das noch gaaaaanz lange.

Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Frühstück.

Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Flora, Albert, Chrysogon, Clemens

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