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Im Rückspiegel: Mercedes-Benz S-Klasse

... die Generation S (1)



(Jens Meiners, Auto-Medienportal.Net) Die S-Klasse von Mercedes-Benz ist der Inbegriff der Luxuslimousine – und das trotz einer Inflation von Konkurrenzmodellen. Denn die Erfahrung der Stuttgarter reicht weiter zurück.

Und die Verkaufszahlen liegen noch im Auslauf des Vorgängermodells höher als diejenigen von Audi A8 und BMW 7er zusammen. Wir sind jede Modellgeneration gefahren – vom „Ponton“ aus den 50er-Jahren bis hin zum brandneuen W 223, der in dieser Woche offiziell vorgestellt wird.

W 180 – Debüt 1953

Während sich die unmittelbar nach dem Krieg gebauten Modelle noch stark an der Vorkriegsästhetik orientierten, zeigt die 1953 vorgestellte „Ponton“-Baureihe erstmals die noch heute aktuellen Proportionen einer Drei-Box-Karosserie mit integrierten Kotflügeln. Ein Jahr nach der Vier-Zylinder-Limousine 180 kommt im März 1954 auf dem Genfer Salon das Sechs-Zylinder-Modell 220 heraus, aus dem 1956 der 220 S wird: die erste S-Klasse. 1958 kommt zusätzlich der 220 SE mit 115 PS (85 kW). Eine einfachere Version hört auf die kuriose Bezeichnung 219.

Der von uns gefahrene 220 von 1955 wirkt mit 472 Zentimetern Länge, 176 Zentimetern Breite und 156 Zentimetern Höhe noch heute stattlich, wenngleich keineswegs überdimensioniert. Die 85 PS (63 kW) starke 2,2-Liter-Limousine glänzt mit weichem Motorlauf, die Beschleunigung ist jedoch gerade mal ausreichend: Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert 19 Sekunden, die Spitze liegt bei 150 km/h. Das Fahrwerk mit der Eingelenk-Pendelachse hinten mahnt mit ausgeprägten Wankbewegungen dazu, den Fuß frühzeitig vom Gas zu nehmen.

Vorne rutscht man auf einer durchgehenden Sitzbank mit relativ wenig Seitenhalt umher, zumal Sicherheitsgurte fehlen. Mitte der Fünfziger herrschte noch Konstruktionsfreiheit, die Standards sind längst nicht eingeschleift. So werden die Blinker mit einer Drehung des Hupenrings betätigt: Eine elegante Lösung, auf die man aber erst einmal kommen muss. Für die Kraftübertragung sorgt eine Vier-Gang-Lenkradschaltung, die sich leicht und exakt betätigen lässt.

W 111/112 – Debüt 1959

Im August 1959 präsentierte Daimler-Benz die Modelle 220, 220 S und 220 SE – die so genannte „Heckflosse“, amerikanisiert im Stil und „ von bestechender Eleganz“, wie der Journalist Werner Oswald einst formulierte. 1961 folgte das chrombeladene Topmodell 300 SE, die Typenbezeichnung im Chromkasten eingefasst; gleichzeitig lancierten die Stuttgarter die eng verwandten Vier-Zylinder-Modelle mit kürzerem Vorderwagen. Im Vergleich zum „Ponton“ war die „Heckflosse“ deutlich gewachsen; die S-Klasse war jetzt 4,88 Meter lang und 1,80 Meter breit, dafür aber nur noch 1,49 Meter hoch. Den 300 SE (W 112), der übrigens bis zu 170 PS (125 kW) leistet, gab es auch als Langversion; sie kratzte mit 498 Zentimetern an der Fünf-Meter-Marke.

Während der 300 SE mit entsprechender Hinterachse glatte 200 km/h erreicht, lässt es der von uns gefahrene, 120 PS (88 kW) starke und mit einer Vier-Gang-Automatik ausgerüstete 220 SE mit 172 km/h bewenden; der Standardsprint auf 100 km/h dauert hier 14 Sekunden. Dass man sich mit 120 PS durchaus angemessen motorisiert fühlt, liegt an dem aus heutiger Sicht ungewöhnlich niedrigen Leergewicht; der 220 SE Automatic bringt gerade einmal 1420 Kilogramm auf die Waage, das Einstiegsmodell 220 mit Handschaltung und reduzierter Ausstattung wiegt nochmals 100 Kilogramm weniger. Mit 2,3-Liter-Motor lief die „Heckflosse“ noch bis 1968 vom Band, Coupé und Cabriolet wurden mit ihrer zeitlos schönen, weniger modischen Form sogar bis 1971 weitergebaut. Wir finden: So ein Auto kann man eigentlich auch heute noch fahren.

W 108/109 – Debüt 1965

Auf der Frankfurter IAA 1965 mutete Daimler-Benz den Traditionalisten eine sachlich gezeichnete S-Klasse zu: Der W 108 ist 4,90 Meter lang, 1,81 Meter breit und nur noch 144 Zentimeter hoch; die Langversionen mit Luftfederung (W 109) sind noch einmal zehn Zentimeter länger. Während die Frontpartie mit vertikalen Scheinwerfern und aufrechtem Kühlergrill weiterhin imposant wirkt, bestechen Seitenpartie und Heck mit klaren Linien und kühler Eleganz. Einstiegsmodell war zunächst der 250 S mit 130 PS (96 kW). Darüber rangierten der 250 SE mit 150 PS (110 kW) und 300 SE/SEL mit 170 PS (125 kW). 1968 wurden sie durch 280 S (140 PS/103 kW), 280 SEL (160 PS/118 kW) und einen neuen 300 SEL mit nunmehr ebenfalls nur 2,8 Litern Hubraum und weiterhin 170 PS ersetzt. Hinzu kam das Spitzenmodell 300 SEL 6.3 mit dem 250 PS (184 kW) starken 6,3-Liter-V8 (M 100) aus der Staats- und Nobelkarosse Mercedes-Benz 600. Ab 1970 folgten in der Limousine die im Coupé bereits eingeführten 3,5-Liter-V8-Motoren mit glatten 200 PS (147 kW); die Modellbezeichnung lautete 280 SE/SEL 3.5 bzw. (mit Luftfederung) 300 SEL 3.5. In den USA gab es auch einen 4,5-Liter-V8, um die Leistungseinbußen durch die dort bereits obligatorische Abgasreinigung zu kompensieren.

Faszinierendste Variante ist der 300 SEL 6.3. Er zeichnet sich durch enormes Durchzugsvermögen und geradezu sportwagenmäßigen Antritt aus. Es gab seinerzeit kaum leistungsfähigere Autos und wohl keines, das bei derartigen Fahrleistungen so standfest war. Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauerte nur acht Sekunden, die Spitze wurde mit 221 km/h ermittelt. Im Interieur wirkt der 6.3 aus heutiger Sicht bei weitem nicht mehr so antiquiert wie die „Heckflosse“, Fahrwerk und Lenkung hatten einen enormen Sprung vollzogen.

Das Spitzenmodell kam übrigens ab Werk mit den übereinanderliegenden Doppelscheinwerfern der US-Variante anstatt komplett verglaster Beleuchtungseinheiten. Mit 6500 gebauten Einheiten wurde die Spitzen-S-Klasse zum unerwarteten Erfolg. In der Folge wurden auch die profaneren Modelle häufig von ihren Besitzern mit den Doppelscheinwerfern ausgerüstet, was das Überholprestige des 6.3 sukzessive wieder egalisierte. Ein Coupé gab es von der Baureihe 108/109 nicht mehr, die Vorgängermodelle liefen weiter.

Fotos: Auto-Medienportal.Net/Daimler

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Veröffentlicht am: 28.10.2020

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