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Zarina Bhimji erhält den Roswitha Haftmann-Preis 2024

... für ihr Lebenswerk



Der Roswitha Haftmann-Preis will auf das Lebenswerk aussergewöhnlicher Künstlerinnen und Künstler aufmerksam machen. Mit CHF 150'000.– ist es der höchstdotierte europäische Kunstpreis. Zarina Bhimji ist die 22. Preisträgerin, die die Auszeichnung erhält. Vorherige Preisträger waren u. a. Walter De Maria, Maria Lassnig, Robert Ryman, Cindy Sherman, Robert Frank, VALIE EXPORT und Cildo Meireles.
 
Der Stiftungsrat der Roswitha Haftmann-Stiftung freut sich, bekannt zu geben, dass der mit CHF 150'000.– dotierte Roswitha Haftmann-Preis 2024 an die im Vereinigten Königreich lebende und in Uganda geborene Fotografin, Film- und Installationskünstlerin Zarina Bhimji vergeben wird. Die Auszeichnung geht auf die Initiative von Roswitha Haftmann (1924–1998) zurück. Seit 2001 vergibt ihre Stiftung den Preis an lebende Künstlerinnen und Künstler, deren Werk von überragender Bedeutung ist. Roswitha Haftmann war Galeristin und Sprachlehrerin. Sie arbeitete als Fotomodell für amerikanische Agenturen und war mit dem Kunsthistoriker Werner Haftmann verheiratet. In Zürich führte sie bis zu ihrem Tod 1998 eine Galerie. Die gebürtige Sankt Gallerin hat ihr nicht unbeträchtliches Vermögen in einen Fonds umgewandelt, aus dem sich der Roswitha Haftmann-Preis speist.

ZARINA BHIMJI – FOTOGRAFIE, FILM- UND INSTALLATION

Bhimjis vielschichtiges Werk ist sowohl ästhetisch und konzeptuell als auch aus gesellschaftskritischer Perspektive relevant. Sie gehört zu den «leisen» Kunstschaffenden. Ihr kraftvolles, Werk, das ohne Text oder spektakuläre Aktionen auskommt, erforscht den Zustand dieser Erde.

Bhimji reist häufig. Zu Forschungszwecken richtet sie vorübergehend Freiluftateliers in Ostafrika, dem Vereinigten Königreich und Indien ein, bevor sie ein Werk in ihrem ständigen Atelier zusammenstellt. Sie entscheidet sich für Nuancen und Komplexität, visuelle Poesie und Abstraktion und einen gewissen elegischen Unterton, wobei sie eher auf Affekte als auf Effekte setzt. Selbst wenn sie sich mit den Auswirkungen politischer Umstürze, der Geschichte von Besatzung, Invasion und Unterschiedlichkeit auseinandersetzt, sind ihre Werke nicht als spezifisch für einen konkreten Zeitraum, genauen Ort oder eine bestimmte Region zu verstehen. Ihr Ansatz ist universell.

Gleichheit, Schönheit und Liebe sind die wesentlichen Punkte, die sie anspricht. Bhimjis Filme werden nicht durch die Entwicklung einer Handlung vorangetrieben, sondern durch eine Überlagerung von malerischen Bildern und Klangkompositionen, die uns die (verlassenen) Landschaften, die oft im Vordergrund stehen, als dichte Wandteppiche der kollektiven und individuellen Erinnerung lesen lassen. In ihrem Werk verschmilzt Schönheit mit Politik und Poesie, und es zeichnet sich durch einen bewussten Einsatz von visueller Mehrdeutigkeit aus. Die Arbeiten reflektieren Räume, Mikrodetails und das Licht entfernter Innenräume. Die Lichtquelle ist ein wichtiges und komplexes Element in Bhimjis Komposition. Die Räume, die in ihrem Werk im Mittelpunkt stehen, verweisen auf Unverbundenheit, Unvollständigkeit und Unzeitgemässheit.

Bhimji verzichtet auf präzise Informationen und sachliche Darstellungen, um die ästhetischen Qualitäten und das poetische Potenzial eines jeden Bildes hervorzuheben.
Die Künstlerin selbst sagt: «In meiner Arbeit geht es nicht um die eigentlichen Fakten, sondern um das Echo, das sie erzeugen, die Zeichen, die Gesten und den Klang.»

LEBEN, KUNST, POLITIK UND GESCHICHTE VERBINDEN SICH

Das aussergewöhnliche Schaffen dieser bislang unter dem Radar des internationalen Kunsthandels segelnden, gestandenen Künstlerin ist es, das die Jury dazu bewogen hat, ihr Europas höchstdotierten Kunstpreis zu verleihen. «Zarina Bhimji versteht es, mit ihren unausgesprochen empathischen und ästhetisch faszinierenden Fotografien und Filmen ein Publikum emotional zu involvieren und nachdenklich zu stimmen», so Thomas Wagner, Stiftungsrat der Roswitha Haftmann-Stiftung: «In Zarina Bhimjis Werk, das heute aktueller erscheint, denn je, verbinden sich auf unverwechselbare Weise Leben, Kunst, Politik und Geschichte, ohne sich gegenseitig zu verraten. Die ruhig dahinfliessenden Bilder der Filme Bhimjis offenbaren das Gift, das in den romantisch verklärten Landschaften ebenso vergraben liegt wie in den nationalen Geschichtsbüchern.»

LEBENSLAUF UND AUSSTELLUNGSHISTORIE

Bhimji wurde 1963 als Tochter indischer Eltern in Uganda geboren, floh aber im Alter von elf Jahren nach Grossbritannien, als General Idi Amin 80’000 Asiaten gewaltsam vertrieb. Dort studierte sie am Polytechnikum in Leicester, am Goldsmiths’ College, wo sie ihren Bachelor of Arts erwarb, und an der Slade School of Fine Art (University College London), die sie mit einem höheren Diplom in Bildender Kunst abschloss.

Ihre erste Einzelausstellung fand 1989 im Tom Allen Community Arts Centre London statt. 2001 lud die Talwar Gallery sie nach New York für eine Einzelausstellung ein. Seither folgten weitere Präsentationen in Europa und den USA sowie 2020 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Sharjah Art Foundation, Sharjah). In der Schweiz wurden Bhimjis Werke erstmals 2006 von der Galerie Haunch of Venison (Zürich) und 2012 vom Kunstmuseum Bern gezeigt. Rund um den Globus – u.a. in Deutschland, Finnland, den Niederlanden, Schweden, Frankreich, China, Pakistan und Russland – waren ihre Werke in Gruppenausstellungen zu sehen. Und an renommierten Kunstschauen wie der Documenta 11 in Kassel (2002), beim Turner Prize (2007) und der 29. Biennale von Sao Paulo (2010).
Insbesondere britische Institutionen nahmen Bhimjis Fotografien und Filme in ihre Sammlungen auf – so die Tate und das Victoria and Albert Museum in London, aber auch das Moderna Museet in Stockholm und die Kadist Art Foundation in Paris sowie in den USA das Wadsworth Atheneum Museum of Art in Hartford oder das Museum of Contemporary Art Chicago. Die letzten grossen Ankäufe wurden von der Sharjah Art Foundation getätigt. Zarina Bhimji teilte ihr Wissen bis Ende der 1990er-Jahre als Dozentin am London College of Printing im Bereich Fotografie und als Beraterin für diverse höhere Schulen, Galerien oder Stiftungen. Sie lebt und arbeitet in London.

PREISVERLEIHUNG AM 29. NOVEMBER IM KUNSTHAUS ZÜRICH

Wer den Preis erhält, wird vom Stiftungsrat bestimmt. Ihm gehören satzungsgemäss die Direktorinnen und Direktoren des Kunstmuseums Bern (Dr. Nina Zimmer), des Kunstmuseums Basel (Elena Filipovic/Dr. Josef Helfenstein), des Museum Ludwig in Köln (Dr. Yilmaz Dziewior), unter dem Vorsitz der Direktion des Kunsthaus Zürich (Ann Demeester) an. Hinzu kommen Mitglieder, die vom Stiftungsrat berufen werden, wie der Journalist und Kunstkritiker Prof. Thomas Wagner, der die Laudatio auf die diesjährige Preisträgerin halten wird, Karola Kraus (Direktorin Museum Moderne Kunst Stiftung Ludwig Wien) und Prof. Dr. Bernhart Schwenk (Kurator Gegenwartskunst, Pinakothek der Moderne, München).
Das Preisgeld kann von der Preisträgerin frei verwendet werden – beispielsweise für neue künstlerische Aktivitäten oder die Dokumentation und Sicherung von Inventar oder Atelier. Es sind, ausser der persönlichen Entgegennahme des Preises am Festakt, keine weiteren Verpflichtungen damit verbunden. Die Übergabe an Zarina Bhimji ist für den 29. November 2024 im Kunsthaus Zürich geplant.

FILMSCREENING VOM 29. NOVEMBER BIS 6. APRIL 2025 IM KUNSTHAUS

Um eine breite Öffentlichkeit mit dem Werk Bhimjis vertraut zu machen, werden im Chipperfield-Bau des Kunsthaus Zürich ihre Film «Yellow Patch», 2011, und «Blind Spot», 2023, in zwei aufeinanderfolgenden Phasen zu sehen sein.

YELLOW PATCH
29. November 2024 – 2. Februar 2025
Installation auf einer Leinwand, 35-mm-Farbfilm, HD-Übertragung mit Dolby 5.1-Surround-Sound, Dauer 29' 43''
Dieser Film wurde von den Handels- und Einwanderungsrouten über den Indischen Ozean zwischen Indien und Afrika inspiriert. Die Künstlerin beschreibt, wie er entstanden ist: «Als Ausgangspunkt für meine Recherchen über Räume und Orte habe ich lange Erkundungen angestellt, indem ich Aufzeichnungen aus erster Hand von Rechtsdokumenten, Karten und Tagebüchern recherchiert habe. Ausserdem habe ich auf der Grundlage meiner Recherchen ein Film-Treatment geschrieben und mit einer Mittelformatkamera Fotos gemacht. Es gibt eine Beziehung zwischen Fotografie, Film und Ton, die ich nutze, um Raum, Form, Farbe und Akustik zu erforschen. Sobald die Recherche abgeschlossen ist, geht es nicht mehr um die Fakten. Es geht um Verspätung, Trennung und ein grösseres Bewusstsein für die Atmosphäre und die Orte, die ich aufgenommen habe. Die dargestellte Stille suggeriert eine Aussetzung des Alltagslebens». «Yellow Patch» ist eine Erkundung des Raums mit einem charakteristischen, suggestiven Einsatz von Ton. Der Film konzentriert sich auf bestimmte Details der Landschaft und der Architektur. Er ist Teil eines umfangreichen Filmwerks, zu dem auch «Waiting» (2007) und «Jangbar» (2014) gehören.

BLIND SPOT
3. Februar – 6. April 2025
Installation: Einkanaliges 4K-Farbvideo mit Dolby 5.1-Surround-Sound, Dauer 18' 51''
In Zarina Bhimjis neuestem Film entfaltet sich die Erzählung vor allem über die Akustik – Meeresrauschen, Wind, Musik und Sprache geben den Rhythmus vor – als ob unser Zuhören integraler Bestandteil unseres tieferen Verständnisses der klanglichen Erfahrung ist. Die Stimme des Erzählers ist die eines Sozialarbeiters, der nach einer Lösung für Kinder sucht, die staatlich betreut werden. Sein stakkatoartiges Sprechen versinnbildlicht den Aufruhr, den die Institutionen, in denen die Kinder untergebracht sind, auslösen, und die Wohnungsnot, der diese Kinder ausgesetzt sind.

Der Film beginnt mit der Stimme des Sozialarbeiters. Er liest zwei kurze Briefe vor, die er geschrieben hat und erweckt dabei den Eindruck, als ob er diese Korrespondenz einem Aktenordner entnimmt. Es ist seine Erzählung und seine Sichtweise, die den Ton für diese Erkundung von Kindern vorgibt, die sozialer Betreuung unterstehen und von der Rolle, die der Staat in ihrer Zukunft spielen wird. Das Haus wird als Metapher verstanden und insziniert – sowohl psychologisch als auch physisch. Es dient als Raum für tiefes Zuhören, für eine Gegenwart mit offenem Ende. Dieser Akt ist ein Angebot als Menschen hinzuzutreten, als Gegenpol zur Stimme des Sozialarbeiters, der sich innerhalb des Systems befindet. Das Tempo des Films und die forschende Art der Kameraeinstellungen spiegeln ein Gefühl der Verbindung mit einer menschlichen Seele wider. Die rechtlichen Implikationen, die im Bericht des Sozialarbeiters zum Ausdruck kommen, driften aus dem Blickfeld und wieder hinein. Sie werden durch das Staunen über alltägliche Details und einfache Poesie in Frage gestellt.
 
Foto: © Daniella Baptista, 2020

 


Veröffentlicht am: 12.09.2024

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