
Die  Fähigkeit des Sehens ist einer der wichtigsten Sinne und gleichzeitig  einer der komplexesten Vorgänge im menschlichen Körper. Umso bedeutsamer  ist es also für das menschliche Wohlbefinden, das Auge optimal zu  unterstützen, sobald es dieser bedarf. 
Gerade mit etwa Mitte 40  bemerken viele Menschen eine Veränderung ihrer Sehleistung, die mit der  nachlassenden Elastizität der Augenlinse einhergeht. Man merkt, dass  gerade ein schneller Wechsel zwischen Fern- und Nahsicht das Auge vor  eine noch nicht dagewesene Herausforderung stellt. Der Optiker empfiehlt  dann meist eine Gleitsichtbrille, die das Auge als „Allrounder“ in  allen Situationen unterstützt. Doch was genau ist eine Gleitsichtbrille  und was leistet sie? Sollte jeder ab einem gewissen Alter eine  Gleitsichtbrille wählen? Und worauf kommt es bei einer guten  Gleitsichtbrille eigentlich an?
Christine Lorenz, Augenoptikerin  und Expertin für biometrisches Sehen im Regener BIG VISION STORE von  Rodenstock, beantwortet die häufigsten Fragen rund um das Thema  Gleitsichtbrille und gibt wertvolle Einblicke und Tipps.
Was ist ein Gleitsichtglas und was bietet es?
Christine Lorenz:
Ein  Gleitsichtglas ist ein Brillenglas, das die Linse zusätzlich bei der  Nah- und Fernsicht unterstützt und das Sehen so stufenlos in allen  Sehdistanzen ermöglicht. Der untere Bereich des Glases ist dabei für die  Nahsicht ausgerichtet, der obere Bereich für die Fernsicht. Der  Abschnitt dazwischen bildet des Übergangbereich für die  Zwischenentfernungen. Die einzelnen Sehbereiche gehen fließend  ineinander über, sind also gleitend, weshalb man von einem  Gleitsichtglas spricht. Zudem sind die einzelnen Bereiche nicht  sichtbar, sodass sich das Glas optisch nicht von einem Einstärkenglas  unterscheidet. Die einzelnen Bereiche bieten scharfe Sicht in allen  Distanzen und Winkeln sowie bei schlechten Lichtverhältnissen, wie  beispielsweise in der Dämmerung.
Warum braucht man ab einem gewissen Alter eine Gleitsichtbrille und für wen ist sie geeignet?
Christine Lorenz:
Ab  einem Alter von etwa 45 Jahren verliert die gallertartige Augenlinse  nach und nach an Elastizität, weshalb sie nicht mehr so schnell zwischen  den unterschiedlichen Seh-Distanzen wechseln kann. Für diese  Alterssichtigkeit benötigt das Auge dann eine zusätzliche, individuelle  und auf die Bedürfnisse des eigenen Auges angepasste Unterstützung in  Form einer Gleitsichtbrille. Eine Gleitsichtbrille eignet sich für alle  Menschen, bei denen eine Alterssichtigkeit einsetzt.
Ist ein Umstieg von einer Einstärkenbrille zu einer Gleitsichtbrille irgendwann erforderlich?
Christine Lorenz:
Eine  Einstärkenbrille gleicht lediglich eine Art von Fehlsichtigkeit aus,  die Kurz- oder Weitsichtigkeit. Wenn sich zu einer dieser beiden  Fehlsichtigkeiten noch eine Alterssichtigkeit entwickelt, ist eine  Einstärkenbrille nicht mehr in der Lage, den Ansprüchen des Auges zu  genügen. Ein Gleitsichtglas geht in diesem Fall gezielt auf die  Bedürfnisse des Auges ein und gleicht durch die unterschiedlichen  Sehzonen, die im Glas integriert sind, beide Schwächen aus. So entsteht  ein scharfes Bild in der Ferne und in der Nähe. Wer also nicht zwischen  einer Lesebrille für die Nähe und einer Einstärkenbrille für die Ferne  hin und her wechseln möchte, ist mit einer Gleitsichtbrille gut beraten.
Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Dioptrie-Werte für Gleitsichtbrillen?
Christine Lorenz:
Grundsätzlich  decken Gleitsichtgläser fast alle gängigen Werte ab. Einschränkungen  kann es bei sehr starken Fehlsichtigkeiten geben, die selten vorkommen.
Es  gibt ein sehr breites Angebot an Gleitsichtgläsern in den  unterschiedlichsten Preislagen. Was unterscheidet ein normales  Gleitsichtglas von einem biometrischen Gleitsichtglas von Rodenstock?
Christine Lorenz:
Biometrische  Gleitsichtgläser unterscheiden sich sowohl in der Anpassung an das  individuelle Auge als auch im Sehkomfort, den sie bieten. Damit ein  Gleitsichtglas optimal an den jeweiligen Brillenträger angepasst werden  kann, muss das Auge erst einmal exakt vermessen werden. Rodenstock nutzt  für die individuelle Vermessung den sogenannten DNEye® Scanner. Dieses  Gerät ermittelt mehrere tausend Messpunkte des Auges und errechnet  daraus dann ein persönliches biometrisches Augenprofil des  Brillenträgers, das direkt in die Produktion des Gleitsichtglases  einfließt. Herkömmliche Gleitsichtgläser werden im Gegensatz dazu häufig  nur auf Basis einer Standardmessung mit einer Messbrille gefertigt, bei  der lediglich vier standardisierte Refraktionswerte ermittelt werden.  Unberücksichtigt bleibt hierbei, dass sich jedes Auge in weitaus mehr  Parametern unterscheidet, wie beispielsweise in der Augenläge oder aber  auch der Form und Position der Augenlinse. Durch die bestmögliche  Anpassung an das individuelle Auge bieten biometrische Gleitsichtgläser höchsten  Sehkomfort durch breite Fern- und Nahzonen, die bei herkömmlichen  Gläsern fertigungstechnisch nicht eingearbeitet werden können.  Brillenträger herkömmlicher Gläser bemerken dies dadurch, dass vermehrte  Kopfbewegungen in allen Sehbereichen erforderlich sind.
Viele  fürchten eine lange Eingewöhnung, wenn sie sich zum ersten Mal für eine  Gleitsichtbrille entscheiden. Ist diese Sorge berechtigt?
Christine Lorenz:
Bei  jeder neuen Brille braucht der Brillenträger einen Moment, um sich  daran zu gewöhnen. Schließlich brauchen die Augen und das Gehirn Zeit,  um die Seheindrücke neu zu verarbeiten. Hinzu kommt, dass gerade bei der  ersten Gleitsichtbrille der Träger verstehen muss, wie er die  unterschiedlichen Sehbereiche durch seine Kopfbewegung optimal nutzen  kann. Biometrische Gleitsichtgläser bieten einen deutlich größeren  Sehbereich als herkömmliche Gleitsichtgläser, wodurch die Eingewöhnung  einfacher wird.
Mein persönlicher Tipp: gerade am Anfang sollte  eine neue Brille regelmäßig getragen werden, da sich der Träger nur so  daran gewöhnen kann. Hier ist es auch hilfreich, sich Zeit zu nehmen und  das Sehen in den verschiedenen Entfernungen auszuprobieren. Es  empfiehlt sich, nicht zu lange mit einer Gleitsichtbrille zu warten, da  die Eingewöhnung bei kleineren Unterschieden zwischen Fern- und Nahsicht  einfacher ist. Als Übergang von einer Einstärken- zu einer  Gleitsichtbrille empfehle ich immer ein Wellnessglas, das eine ganz  leichte Unterstützung zur Nahsicht bietet.
Übrigens berichteten  in einer Schweizer Studie, die nach der Erfahrung mit einer  biometrischen Gleitsichtbrille fragte, 87% der Brillenträger von einer  kürzeren Eingewöhnungszeit**. Darüber hinaus gab eine hohe Prozentzahl  der Teilnehmer weitere große Vorteile an: 88 % der Befragten empfanden  das Sehen mit ihrer DNEye® optimierten Brille komfortabler als mit ihrer  alten Brille*, 92 % sahen schärfer als vorher* und 84 %  kontrastreicher*. 80% gaben zudem an, in der Dämmerung besser zu sehen*.
Wie oft braucht man eine neue Brille?
Christine Lorenz:
Sobald  man merkt, dass sich die Augen verändern und man mit der aktuellen  Brille nicht mehr gut sieht, sollte man seine Augen beim Optiker  vermessen lassen. Die Frequenz ist von Mensch zu Mensch und im Laufe des  Lebens sehr unterschiedlich, im Schnitt wird eine Kontrolle der  Sehstärke mindestens alle zwei Jahre empfohlen. Zudem wird dazu geraten,  die Augen regelmäßig in einem Check-Up beim Augenarzt auf  Auffälligkeiten und Krankheiten untersuchen zu lassen.
Wo kann man eine biometrische Gleitsichtbrille von Rodenstock kaufen?
Christine Lorenz:
Da  die Vermessung der Augen mit dem DNEye® Scanner die Basis für eine  biometrische Gleitsichtbrille bildet, ist ein Besuch bei einem Optiker  erforderlich. Unter www.rodenstock.de/optiker-suche finden Interessierte  einen passenden Optiker ganz in ihrer Nähe.
Kleiner Life-Hack zum Abschluss: Wie reinigt man seine Brille richtig?
Christine Lorenz:
Ich  empfehle immer die Brille mit 2-3 Tropfen Spülmittel unter fließendem,  warmem Wasser zu reinigen oder sie in ein Ultraschallbad zu geben.  Danach sollte man sie mit einem geeigneten Mikrofasertuch oder einem  weichen Geschirrtuch abtrocknen. Vorsicht bei einer trockenen Reinigung,  da Staub und kleine Partikel Kratzer im Glas hinterlassen können.
* DNEye® Kundenbefragung (2018). Zürich.
**  Muschielok, A. (2017). Personalisierte Gleitsichtgläser nach  Kundenwunsch – Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie. Presentation  at the Opti-Forum, Munich.
Das ABC der Gleitsichtbrille
Christine Lorenz, Augenoptikerin und Expertin für biometrisches Sehen im Gespräch
Veröffentlicht am: 11.11.2022
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