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Neujahrsvorsätze – Neurobiologe

So gelingt unserem Gehirn die gewünschte Veränderung



Sport, Ernährung, bewusst leben, mehr Zeit für Familie und Freunde sowie Abnehmen – das sind die Top fünf in Österreich, wenn es um Neujahrsvorsätze für 2025 geht. Interessant: Weniger Zeit vor Computer und Fernseher und mehr Zeit für Weiterbildung zeigen die stärksten Veränderungen zum letzten Jahr (1).


Für den Wiener Neurobiologen Dr. Marcus Täuber positive Vorhaben und Entwicklungen – wenn nicht die Umsetzungsquote vergleichsweise gering wäre. Laut Umfrage sind es 20%, die ihre Vorsätze großteils erfüllen (1).

Die Angaben dürften allerdings auf einer rosaroten Selbsteinschätzung beruhen. Täuber weist darauf hin, dass wissenschaftliche Studien den Langzeiterfolg bei nur etwa 10% bis 15% bemessen. Der Neurobiologe, Bestsellerautor und Mentalcoach entlarvt gängige Mythen rund um das Thema Gewohnheiten und zeigt, wie wir die langfristige Umsetzung verbessern (2).

1. Mythos: 21 Tage, um eine Gewohnheit zu verändern

Die Idee, dass es nur 21 Tage dauern soll, eine Gewohnheit zu ändern, ist populär, aber wissenschaftlich falsch. Dieser Mythos geht auf den Arzt Dr. Maxwell Maltz zurück, der 1960 veröffentlichte, dass es etwa 21 Tage dauert, um sich an Veränderungen nach chirurgischen Eingriffen anzupassen (3). Dr. Täuber: „Abgesehen davon, dass hier eine Beobachtung und keine Studie herangezogen wurde, beziehen sich die drei Wochen auf eine Gewöhnung und keine Gewohnheit.“

Laut einer Studie von Philippa Lally et al. (2009) am University College London in UK dauert es im Durchschnitt 66 Tage, bis eine neue einfache Verhaltensweise automatisiert ist. Der Zeitraum kann jedoch zwischen 18 und 254 Tagen variieren, abhängig von der Art der Gewohnheit und den individuellen Voraussetzungen (4). Dr. Marcus Täuber: „Das bedeutet aber nicht, dass eine neue Gewohnheit nach diesem Zeitraum bereits fest im Gehirn verdrahtet ist. Vor allem in Stresssituationen sind Rückschläge weiterhin möglich“.

2. Mythos: Veränderung geschieht durch Einsicht

„Übergewicht ist ungesund – nimm ab“. Solche gutgemeinten Ratschläge verpuffen meist. Es liegt auch nicht daran, dass uns das genauere Wissen über eine gesündere Lebensweise fehlt.

Tatsächlich hat eine Studie von Dr. Linda Solbrig und Team von der University of Plymouth in UK gezeigt, dass ein einfaches Mentaltraining mit motivierenden Zielbildern im Kopf gegenüber einer konventionellen Ernährungsberatung den Abnehmerfolg nach zwölf Monaten um das Fünffache erhöhen (5).

„Appelle an die Einsicht und gute Tipps allein bewirken wenig. Menschen verändern sich nicht über den Verstand, sondern durch Emotionen“, so Täuber. Er kann daher der in der Selbsthilfeszene beliebten Zielvisualisierung, also sich mit inneren Bildern vorzustellen, wie es, das Ziel bereits erreicht zu haben, positives abgewinnen.

3. Mythos: Voller Fokus aufs Ziel

Möglichst konkrete Ziele gelten als essentieller Erfolgsfaktor. Hinter dem Akronym S.M.A.R.T. verbergen sich empirisch belegte Ergebnisse der Zielsetzungstheorie, die von den Arbeitspsychologen Locke und Latham (1990) entwickelt wurde. Ihre Untersuchungen gemäß sollten Ziele spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert ausformuliert werden (6).

Neurobiologe Dr. Marcus Täuber: „Neuere Ergebnisse unter anderem des Psychologen Peter Gollwitzer zeigen, dass S.M.A.R.T.-Ziele nur für einfache Vorhaben wie Geschirrspülen oder Kundentermine vorteilhaft sind. Komplexe Verhaltensweisen, die zum Beispiel mit einem gesünderen Lebensstil in Verbindung stehen, benötigen bildhafte und vage formulierte Ziele.“ Diese motivieren und geben einm Gefühl von Autonomie.
 
Täuber rät auch, die Verhaltensweise selbst und nicht nur das Ergebnis mit Motivationskicks zu versehen. Das könne beispielsweise darin bestehen, die Aktivität im Fitnessstudio mit einfachen Affirmationen wie „Ich mag die Herausforderung“ zu begleiten. Das Gehirn lernt, die Tätigkeit selbst mit der Aktivität von Dopamin zu begleiten - einem Botenstoff, der im Gehirn unter anderem für Antrieb zuständig ist.

Tipp: Veränderung braucht eine Verknüpfung im Gehirn
„Studien belegen, dass richtig formulierte Vorsätze die Wahrscheinlichkeit, ein neues Verhalten zu beginnen, von 39% auf 91% erhöhen.“, so Täuber. Sein Tipp, der auf Peter Gollwitzer zurück geht: Wenn-dann-Pläne formulieren - die Implementation Intentions - und diese Verknüpfungen im Kopf trainieren (7). So könne man mental durchgehen, dass wenn man beim Buffet ist, zu fett- und zuckerarmen Nahrungsmitteln greift. Je öfter solche Handlungsweisen in der Vorstellung durchgespielt werden, um so selbstverständlicher und einfacher gelingt die reale Umsetzung.

Tipp: Mit einer App ungesunden Stress ab- und Resilienz aufbauen
Rund ein Viertel der Menschen wünscht sich weniger Stress im Beruf (1). Dr. Marcus Täuber verweist auf ein großes Angebot an Meditationsapps, die dabei unterstützen können. Er selbst hat die Brain Changer App entwickelt, die auf iOS und Android für Entspannung auf Knopfdruck sorgt (8).

Sätze für mehr Gelassenheit und mentale Stärke werden dabei unter Begleitung von entspannenden Naturkulissen und Tönen, sogenannten binauralen Beats, eintrainiert. Dr. Täuber konnte zeigen, dass die App kurzfristig innerhalb von fünf Minuten Stress ab- und langfristig über drei bis sechs Monate Resilienz aufbaut.

Dr. Marcus Täuber
Dr. Marcus Täuber ist promovierter Neurobiologe, mehrfacher Bestsellerautor, Lehrbeauftragter unter anderem an der Universität Wien sowie Leiter des Instituts für mentale Erfolgsstrategien. Er beschäftigt sich mit praktischen Anwendungen zur gezielten Veränderbarkeit des Gehirns. Mit seinen Büchern, Ausbildungen und Vorträgen hat er über eine Million Menschen erreicht.

Quellen
1. IMAS-Studie 2024: https://www.imas.at/assets/reports/2024-21/21_neujahr-2025.pdf
2. Täuber, Marcus. Falsch gedacht: Wie Gedanken uns in die Irre führen – und wie wir mit mentaler Intelligenz zu wahrer Stärke gelangen. Goldegg Verlag, Berlin/Wien 2021, ISBN 978-3990602089.
3. Maltz, Maxwell. Psycho Cybernetics. Souvenir Press, London 2023 (Neuauflage), ISBN 978-1800812925.
4. Lally, Philippa et al. How are habits formed: Modelling habit formation in the real world. European Journal of Social Psychology Eur. J. Soc. Psychol. 2010; 40: 998–1009.
5. Solbrig L et al. Functional imagery training versus motivational interviewing for weight loss: a randomised controlled trial of brief individual interventions for overweight and obesity. Int J Obes (Lond). 2019; 43: 883-894.
6. Locke, E. & Latham, G. A theory of goal setting and task performance. Perntice Hall.
Englewood Cliffs, NJ, USA 1990.
7. Gollwitzer, P.M. Implementation intentions. Strong effects of simple plans. American Psychologist, 1990: 54, 493-503.
8. https://brainchanger.tv/


Bild: Dr. Marcus Täuber © feelimage/ Matern

 


Veröffentlicht am: 01.01.2025

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