Das Interesse schwerreicher Benzinjunkies an wertvollstem Blech aus vergangenen und auch jüngeren Zeiten blieb auch im vergangenen Jahr ungebrochen. So konnte sich kürzlich RM Sotheby’s, nach eigenen Angaben weltweit führendes Auktionshaus für Sammlerautomobile, über die vergangenen zwölf Monate freuen. Das Unternehmen brachte nämlich in diesem Zeitraum bei 41 Versteigerungen und Privatverkäufen einzelner Autos 5112 Fahrzeuge im Wert von 887 Millionen Dollar (859 Millionen Euro) unter die Leute, davon 126 mit einem Erlös von mehr als einer Million Euro.
Interessenten meldeten sich aus 82 verschiedenen Ländern, von denen sich über die Hälfte zum ersten Mal an einer Auktion beteiligte, was für ein wachsendes Interesse an einer Geldanlage in wertvolle Karossen spricht. Spitzenreiter waren ein Ferrari 250 GT SWB California Spider, Baujahr 1960, für 17,05 Millionen Dollar (16.51 Millionen Euro), ein Ferrari 410 Sport Spider, Baujahr 1955 (Foto oben) , für 12,99 Millionen Dollar (12,58 Millionen Euro) und ein Pagani Zonda LM Roadster, Baujahr 2014, für 11,09 Millionen Dollar (10,74 Millionen Euro).
Den Auftakt für die kommende Saison 2025 läutet RM Sotheby’s am 24. Januar in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona mit 91 Oldies neben einer Reihe automobiler Memorabilien ein. Elf dieser Fahrzeuge könnten nach Einschätzung der Auktionatoren für siebenstellige Beträge den Besitzer oder die Besitzerin wechseln, darunter ein Ferrari 250 GT LWB Berlinetta „Tour de France“, Baujahr 1958, für rund 4,4 Millionen Euro sowie ein 1931er Bentley 8 Litre Cabrio Victoria für rund 3,2 Millionen Euro und ein Bugatti Type 57 C Atalante von 1939 für rund 2,4 Millionen Euro.
Während die potenziellen Millionenseller wohl nur bei einem überschaubaren Kreis finanzkräftiger Interessenten für Begierde sorgen dürften, kommt in Arizona aber auch eine Anzahl betagter Fahrzeuge unter den Hammer, die durchaus auch etwas besser verdienende Mittelständler anlocken könnten. Sie stammen aus der Oldtimer-Kollektion von Janet Cussler, einer gelernten Kunsthistorikerin, Fabrikantin von Kunststoffen und begeisterter Sammlerin amerikanischer Oldtimer aus Arizona. 2005 hatte sie den erfolgreichen amerikanischen Schriftsteller Autor Clive Cussler geheiratet, der – wie sie – ebenfalls alte Autos hortete. Heute besitzt sie über 40 Vorkriegs-Automobile die in der Janet Cussler Car Collection untergebracht sind. 32 davon kommen nun bei RM Sotheby’s unter den Hammer.
Neben historischen Automobilen, von denen er mehr als 100 Exemplare zusammentrug, war das Meer Ehemann Clive Custers Leidenschaft: In seinen Büchern erleben Mitarbeiter, vor allem der Unterwasserforscher Dirk Pitt, allerlei Abenteuer. Und zwischen seinen vielen Romanen und Sachbüchern führte Custer zahlreiche Expeditionen an, um historische Schiffswracks zu finden. Mit einer Gesamtverkaufszahl von über 4,6 Millionen Büchern allein im deutschsprachigen Raum gehörte er zu den erfolgreichsten Autoren seines Genres. Von der ersten Veröffentlichung im Jahr 1977 bis heute hatte der Autor, der 2020 starb, über 70 seiner actiongeladenen Titel hierzulande veröffentlicht. Mag sein, dass seine Witwe den Großteil ihrer eigenen Sammlung aufgibt, um sich besser um den Nachlass ihres Gatten kümmern zu können.
Unter Janet Cusslers Angebot befinden sich einige Schnäppchen, die über 100 Jahre auf ihrem Blechbuckel haben. Da ist einmal ein Jewett Model 18-22 Special Touring, Baujahr 1923, außerdem ein Reo Thirty Touring, Baujahr 1911. Das Unternehmen Jewett wurde im Dezember 1921 in den USA als Tochtergesellschaft der Paige-Detroit Motor Car Company mit Sitz in Detroit gegründet. 1922 begann die Produktion von Autos, sie endete 1927. Vor einigen Jahren restauriert, zeigt das Model 18-22 Special dennoch Alter und Gebrauchsspuren und sein Achtzylindermotor verlangt nach Überholung.
Beim Rio Thirty Touring handelt es sich um einen Veteranen der 1904 gegründeten Reo Motor Car Company, die vor dem Ersten Weltkrieg zu den vier reichsten Automobilherstellern in den USA zählte. Die wahrscheinlich bekannteste Reo-Reise quer durch Kanada fand im 1912 statt. Zwei Männer durchquerten damals zum ersten Mal Kanada von Halifax nach Vancouver mit einem Auto über eine Strecke von 6720 Kilometer, in einem Reo Special Tourenwagen von 1912. Der 114 Jahre alte Thirty Touring, der am 24. Januar in Phoenix unter den Hammer kommen soll, war in den frühen 1970er Jahren restauriert wurden und ist weitgehend gut erhalten, obwohl er einige Gebrauchsspuren und Lackschäden zeigt. Das Interessanteste aber bei beiden Exemplaren ist ihr Preis. Die Auktionatoren taxieren zwischen 20 000 und 30 000 Euro. Dafür ist in Deutschland kaum ein vernünftiges fabrikneues Elektroauto zu bekommen.
Alles in allem werden von den 32 Offerten aus der Janet Cussler-Sammlung 18 auf Preise zwischen 20 000 und 90 000 Euro geschätzt, wie zum Beispiel ein 1931er Cadillac V-12 Touring by Fleetwood dessen Wert zwischen 60 000 und 80 000 Euro liegen soll. Cadillac begann Ende der 1920er Jahre mit der Konstruktion eines Motors, der alle anderen übertreffen sollte: einem mit 16 Zylindern und einem davon abgeleiteten mit zwölf Zylindern, um mit den wenigen Konkurrenten, die einen solchen Motor produzierten, gleichzuziehen. Der größere leistete 175 PS (129 kW), der kleinere 135 PS (100 kW). Der in Phoenix angebotene V-12 wurde als Siebensitzer ausgeliefert, vor vielen Jahren für einen Sammler in Ohio restauriert und 2018 von Clive und Janet Cussler für ihre Sammlung gekauft. Während der Lack etwas Patina zeigt, muss das Auto bereits vor der Restaurierung sehr gut erhalten gewesen sein, denn es verfügt noch immer über ursprünglichen Motor und Fahrgestell.
Die beiden teuersten Fahrzeuge aus Janet Cusslers Sammlung sind ein Cord 812 Supercharged „Sportsman Cabriolet“, Baujahr 1937, mit einem Schätzpreis, der zwischen 200.000 und 300.000 Euro liegt und ein Packard Model S Touring (geschätzt zwischen 175.000 und 250.000 Euro). Während der Cord, von dem nur 64 Exemplare produziert wurden, der erste amerikanische Luxuswagen mit Frontantrieb und Einzelradaufhängung vorne war, galt der Packard als exklusives Fahrzeug für die Oberen Zehntausend, von dem heute nur noch vier Exemplare erhalten sind. Das zeigte schon sein damaliger Preis, der in der Gegend von etwa 7500 Dollar lag, was einem heutigen Wert von mindestens einer halben Million Euro entsprechen würde.
Einziges Fahrzeug aus der Sammlung, das stets unmotorisiert war und als Antrieb mindestens zwei vierbeinige PS benötigte, ist der Nachbau einer Pferdekutsche aus dem Wilden Westen von 1869. Sie soll bis zu 40.000 Euro einbringen. Bevor Flugzeuge, Züge und Autos den amerikanischen Kontinent querten, reisten die Bürger mit sogenannten „Stagecoaches“. Diese Kutschen nahmen jeden mit, der bereit war, den Preis bis zum nächsten Stopp oder weiter entfernten Haltestellen zu zahlen, den „Stages“ (wörtlich übersetzt mit „Stufen). Das Standardmodell der Stagecoaches und Inbegriff der Eroberung des Westens der USA wurde von der 1813 gegründeten Abbott Downing Company in Concord, New Hampshire, produziert und war Vorbild für das Exemplar, das nun versteigert werden soll.
Wer über die RM Sotheby’s-Auktion in Arizona mehr wissen will, kann sich auf der Internetseite schlau machen. Dort hat das Auktionshaus sämtliche Informationen inklusive Ort und Zeitpunkt der Veranstaltung sowie nähere Informationen zu allen Objekten der Versteigerung zusammengetragen. (aum)
Fotos: RM Sotheby´s via Autoren-Union Mobilität / 100 women to know in America via Autoren-Union Mobilität
Das Millionengeschäft mit edlen Autos geht weiter
... und RM Sotheby’s jubelt
Veröffentlicht am: 22.01.2025
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