Körper, die Tätowierungen tragen, gehören zum Alltag unserer Gegenwart. Sowohl die Entscheidung für ein Tattoo als auch die ausgewählten Motive werden als Ausdruck hochgradiger Individualisierung empfunden. In der griechisch-römischen Antike hingegen dienten solche Markierungen am Körper vor allem der Kennzeichnung von sozialen oder kulturellen Unterschieden. In beiden Fällen sind Tätowierungen auf ihre Weise bedeutsam und Ausdruck von Wertung.
Doch was passiert, wenn Motive aus längst vergangenen, antiken Gesellschaften auf einmal in den Hautbildern des 21. Jahrhunderts auftreten? Dieser Frage widmet sich die Ausstellung. Sie nimmt zeitgenössische Tätowierungen von Bildmotiven aus dem antiken Mittelmeerraum in den Blick und widmet sich den antiken Tätowierpraktiken in Ägypten, Griechenland und Rom. Schließlich werden beide Blickwinkel zusammengeführt, indem Motive neuzeitlicher Tätowierungen ihren Vorbildern in Form antiker Statuen und Büsten sowie anderer archäologischer Zeugnisse gegenübergestellt werden. Dieser Teil der Ausstellung beruht auf der Mitwirkung von Menschen, die über ihre Tattoos sprechen und sich für die Ausstellung haben fotografieren lassen.
Ausstellung im Museum August Kestner übernimmt eine Idee, die vom Antikenmuseum der Universität Leipzig entwickelt wurde und in Kooperation durchgeführt wird.
Für Hannover wurde das Konzept um den Aspekt der „Lebenden Bildergalerien“ und „Blauen Damen“ erweitert, der Postkarten von tätowierten Schaustellerinnen und Schaustellern aus der Sammlung des hannoverschen Historikers und Philokartisten (Ansichts- und Postkartensammler) Andreas Bornemann.
Neben antiken Originalobjekten stechen besonders Gipsabgüsse im Originalformat ins Auge. Die prominenteste Statue ist sicher die ‚Venus von Milo‘, die eines der beliebten Tattoo-Motive mit Antikebezug ist. Aber auch das historische Korkmodell des Kolosseums aus dem frühen 19. Jahrhunderts steht für eines der präsentierten Tattoos.
Eine Besonderheit stellt die überlebengroße ‚Faust‘ des italienischen Künstlers Fabio Viale dar. Viale widmet sich in seinem Werk durchgehend dem Material Marmor und zeichnet sich nicht allein durch eine exzellente Modellierung von Form aus. Ihm gelingt es durch eine nahezu perfekte Behandlung der Oberflächen einzigartige Effekte zu erzielen, die die Wirkung einer Tätowierung haben.
Sammlers - Das neue Mitmachfoyer des Museum August Kestner
Das Museum August Kestner eröffnet wieder! Am 2. April 2025 gehen nach knapp dreimonatiger Schließung die Türen wieder auf. In dieser Zeit wurden rund 150.000 Museumsstücke verpackt und in das neue Sammlungszentrum an der Vahrenwalder Straße verbracht. Dort werden sie – anders als in den zu klein gewordenen Magazinräumen im Museum – unter hervorragenden Bedingungen für die kommenden Generationen aufbewahrt.
Die Schließzeit haben wir genutzt, um einen Bereich im Erdgeschoss umzugestalten. Entstanden ist das Mitmachfoyer „Sammlers“.
Das Sammlers ist ein Raum für Begegnung, Unterhaltung, Information und Genuss. Hier können kleine und große Besucherinnen, Spaziergänger und Gäste lesen, spielen, arbeiten, snacken oder plaudern – und das ohne Museumsticket. Gemeinsam mit dem Museumsteam wurde das Sammlers von dem niederländischen Streetart-Kollektiv Kamp Seedorf und dem Gestaltungsbüro MAF. Studio (Amsterdam) gestaltet.
Die Zeichnungen von Kamp Seedorf zeigen Objekte aus unserer Museumssammlung. Als sogenannte Paste-ups, Straßenkunst aus Papier und Kleister, sind sie großflächig auf Wände, Decken und Mobiliar aufgeklebt. Die Besucherinnen sind herzlich eingeladen, das urbane Kunstwerk weiterwachsen zu lassen: Bilder können gestaltet und Wände, Möbel, Decken damit beklebt werden. Es kann also jeder eine eigene künstlerische Spur hinterlassen – und das ganz legal.
WLAN steht zur Verfügung, kleine Snacks und Getränke werden angeboten. Eine wechselnde Auswahl von Zeitschriften und Büchern zu besonderen Museumsthemen, liegt zur Ansicht bereit. So ist das Sammlers auch ein idealer Ort für die Vor- oder Nachbereitung des Ausstellungsbesuchs.
Für jeweils ein halbes Jahr werden wechselnde private Sammlungen von Hannoveranerinnen ausgestellt. Auf niedrigschwellige Weise macht das Mitmachfoyer damit auf einen wesentlichen Teil der Museumsarbeit aufmerksam: das Sammeln von Dingen. Ohne die Sammelleidenschaft von August Kestner und vielen weiteren privaten Sammlerinnen gäbe es Hannovers ältestes Museums nicht.
Kamp Seedorf
Kamp Seedorf ist ein niederländisches Straßenkunstkollektiv mit Mitgliedern aus Amsterdam und Almere. Die Gruppe ist seit 2010 aktiv. In diesem Jahr feiert sie ihr 15-jähriges Bestehen.
Die Kunstwerke von Kamp Seedorf basieren oft auf Darstellungen berühmter Fußballspieler oder Rapper, auf markanten Snacks, Folklore oder anderen exzentrischen Figuren und Persönlichkeiten. Sie malen und ehren die normalen Dinge des Lebens.
Der Untertitel des Kollektivs lautet ’semi-permanent‘, denn die handgemalten Papierplakate werden aufgeklebt, so genannte Paste-ups. Daher sind die meisten Werke nicht mehr zu sehen. Die Gruppe verwendet Acrylfarbe und Tusche und malt auf Papier. Es sind immer dicke schwarze Linien, die in starkem Kontrast zu den Farben der Kunstwerke stehen.
Die Gruppe hat in Städten wie Chicago, Berlin, Mailand, Lissabon und Antwerpen Kunstwerke geschaffen. Normalerweise muss man schnell sein, um sie auf der Straße zu entdecken, denn ihre Kunst ist semi-permanent, aber bei dieser Ausstellung kann man ihre Bilder einige Jahre lang genießen, keine Eile!
MAF.Studio
M A F.studio ist ein Studio für Ausstellungsdesign, das von Martin Sämmer und Cindy Moorman geleitet wird. Beide sind überzeugt, dass räumliches Geschichtenerzählen ein gutes Medium ist, um Menschen zu informieren, zu inspirieren und zu verbinden. Ihr Ziel ist es, Geschichten in eindringliche, vielschichtige Erlebnisse zu verwandeln, die die Besucher*innen auf sinnvolle Weise einbeziehen.
Überzeugt von der Kraft der Co-Kreation, arbeiten sie eng mit Museen zusammen und stellen für jedes Projekt spezialisierte Teams zusammen.
Ihr Motto: „Wir erwecken Ihre Geschichten zum Leben und schaffen Raum für Erinnerungen“
Martin Sämmer, Gründer von M A F Studio, bringt über 15 Jahre internationale Erfahrung in der Konzeptentwicklung und narrativen Raumgestaltung mit, unter anderem als Creative Direktor bei Kossmanndejong.
Cindy Moormanns ist bildende Künstlerin. Ihre Nähe zur Vermittlung ermöglicht es ihr, komplexe Ideen in fesselnde, zugängliche Geschichten zu verwandeln.
Als Interpretationsdesignerin für das M A F Studio hat Cindy an der Entwicklung mehrerer Museumsausstellungen beigetragen. Von Körpersprache im Catharijneconvent bis zu Prisoners of Conscience mit Amnesty International.
Die Sammlerinnen:
Vier Sammlerinnen haben sich auf einen Instagram-Aufruf gemeldet und stellen nun in jeweils einer Museumsvitrine ihre Sammlungen aus:
Bernd Wiegand – Dachbodenfunde
Dagmar Blawat – Pixi-Bücher
Dr. Wolfgang Schepers – Kitsch
Silke Schneider – Figuren aus dem Erzgebirge
Im Lauf dieses Jahres wird es Gesprächsrunden im Sammlers mit den ausstellenden Gästen geben.
Alle sechs Monate werden neue Privatsammlungen gezeigt. Interessierte Hannoveranerinnen können sich im Museum August Kestner melden.
Museum August Kestner
Platz der Menschenrechte 3
30159 Hannover
TELEFON 0511 168 42921
museen-kulturgeschichte@hannover-stadt.de
www.museum-august-kestner.de
ÖFFNUNGSZEITEN Di-So 11:00-18:00 Uhr
Mi 11:00-20:00 Uhr
Montags geschlossen
Freitags freier Eintritt
Bild: Frau mit tätowiertem Kinn, Griechenland, 480 – 450 v. Chr., München, Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek
Foto: Renate Kühling
TATTOO. ANTIKE, DIE UNTER DIE HAUT GEHT
Darum geht es im Museum August Kestner
Veröffentlicht am: 19.04.2025
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