Abstand halten, das wird uns nun schon seit Monaten gebentsmühlenartig eingetrichtert. Sich nicht zu nahe kommen, ist das Gebot der Stunde in diesen C-Zeiten. Wir sollen uns nicht die Hände geben und uns schon gar nicht umarmen. Wie gesagt, wir sollen. Doch wie so oft gilt: Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach.
Hätte man das Abstand halten unseren Großeltern oder – bei den jüngeren – unseren Urgroßeltern gesagt, die hätten gar nicht verstanden, was man von ihnen will. Ja, die Kinder wurden geherzt, obwohl auch das nicht immer der Fall war. Doch Menschen, denen man nicht wirklich nahe stand zu umarmen war zumindest sehr ungewöhnlich. Man nickte sich zu, reichte sich maximal die Hand.
Viel mehr war damals – ich schreibe noch von den 1950er Jahren - auch kaum möglich, denn Männer wie Frauen gingen eigentlich nie unbehütet aus dem Haus. Nun muss man mal versuchen, sich mit einem Hut, selbst mit der damals bei Männern so beliebten Schieber- oder Prinz-Heinrich-Mütze zu umarmen, ohne das zumindest eine Kopfbedeckung im Straßenstaub landet. Das wollte niemand. Also grüße Mann mit Hut, indem er den kurz vom Kopf nahm, in lupfte. Mann mit Mütze grüßte eher militärisch-leger, indem er nach GI-Manier zwei Finger an den Mützenschirm legte. Das geht weder wenn man sich umarmt, noch die Hand gibt und auch nur mit dem ominösen 1,5 Meter Abstand.
Frauen – sorry Damen – gingen teilweise noch einen Schritt weiter. Sie trugen Handschuhe. Die waren im Sommer aus Spitze oder aus ganz dünnem Leder. Mann deutete im „schlimmsten Fall“ einen Handkuss - bitte ohne Berührung mit den Lippen – an oder beschränkte sich eben auf das Lüpfen des Hutes. Frauen – so meine Erinnerung – berührten sich auch eher zurückhaltend mit den Händen. Eine Umarmung hätte für Unordnung auf dem Kopf, bei Frisur und Hut gesorgt und das wollte keine.
Ich frage mich nun, warum wir nicht aus der C-Not eine Tugend machen. Wenn wir wieder alle zu Hut und die Damen zu Handschuhen zurück kehrten, wäre schon viel für die Einhaltung der Abstandsregeln getan. Wenn dann auch noch all die Millionen Männer und Frauen, die keine passende Kopfbedeckung haben, sich so eine (oder zwei oder drei) zulegen, dann wäre des zumindest für die Hutindustrie, aber auch für den einschlägigen Einzelhandel ein riesiger Schub. Gleiches gilt auch für das Thema Handschuhe.
Ich frage mich auch, warum die gerade so gebeutelte Modeindustrie, warum die Modemacher, aber auch die Kaufhäuser und selbst die Supermarktketten nicht darauf kommen – so nach dem zugegeben nicht originellen Slogan „Halte Abstand – trage Hut“.
Zum Frühstück mit der Besten Frau der Welt trage ich selbstverständlich keinen Hut. Doch zum heutigen Golftunier zumindest eine Schiebermütze. Ansonsten sieht man mich häufig mit Hut. Ich muss aber zugeben, dass mir das Grüßen mit dem Lüpfen des Hutes noch schwer fällt. Ich habe es eben nie gelernt. Doch das ist nun wirklich kein Argument.
Ich wünsche Ihnen ein genussvolles Sonntagsfrühstück.
Gratulation allen, die heute Namenstag haben: Franz v.A., Edwin, Aurora, Emma, Thea
Foto: Pixabay
Morgengruß von Helmut Harff: Zurück in die Zukunft
Das passt in die C-Zeit
Veröffentlicht am: 04.10.2020
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