Es fehlen nur noch ganz wenige Tage, teilweise ist die Ernte bereits im Gange ... aber es ist natürlich noch zu früh, ein endgültiges Urteil über den Jahrgang 2021 abzugeben. Aktuell sprechen noch alle Winzer aus ganz Italien nur von Aussichten. Und die sind positiv.
Ein aktueller Blick auf den Jahrgang. Das Klima lässt sich mit drei kniffligen Vorkommnissen zusammenfassen: der Frühjahrsfrost mit einer darauf folgenden Periode niedriger Temperaturen, die den Austrieb um etwa 10 Tage verzögerte (eine in der aktuellen Phase der Phenolreife noch vorhandene Verzögerung), der starke Trockenstress in Mittel-/Süditalien und im Gegensatz dazu die großen Wassermengen im Norden. Ein Element der Stärke liegt überall in der ausgezeichneten Gesundheit und Qualität der Trauben, ein Zustand, der derzeit Gutes verheißt für das finale önologische Resultat. Umweltschonendere landwirtschaftliche Techniken und der Präzisionsweinbau erweisen sich als erfolgreich bei der Interpretation des Terroirs angesichts immer neuer und tückischerer klimatischer Veränderungen.
Im Folgenden erzählen Weinproduzenten von Nord nach Süd über den aktuellen Stand in Weinberg und Keller und wie es ihnen gelungen ist, kritische Momente in qualitative Chancen umzuwandeln.
NORDITALIEN
Im Trentino auf dem historischen Gut San Leonardo unter der Leitung von Anselmo Guerrieri Gonzaga, äußert sich dieser: „Das Debüt mit einer derart kalten und sehr regnerischen Jahreszeit hat uns hart auf die Probe gestellt. Ab Anfang August hat das Klima dann damit begonnen, uns so richtig anzulächeln und jetzt erleben wir wunderschöne Tage mit erheblichen Temperaturschwankungen von bis zu 18 Grad Unterschied zwischen Tag und Nacht. Wenn der September so weitergehen würde, hätten wir wirklich die Hoffnung auf eine prächtige Ernte!“.
Weiter geht es in die Lombardei, wo das Gut Conte Vistarino mit seinen 200 Hektar Weinbergen auf den Hügeln von Oltrepò Pavese eine klare Vorstellung von der weiteren Entwicklung in seinem Anbaugebiet hat. Ottavia Giorgi von Conte Vistarino ist motiviert: „Wir freuen uns auf diese Ernte. Sie verspricht, besser zu werden, als ich es mir hätte vorstellen können“. Die großen winterlichen Wasserreserven, die kühlen Frühlingstemperaturen, die sorgfältige Bearbeitung der Begrünung unter den Rebzeilen und die Gesundheit der Trauben erinnern an den Jahrgang 2018 mit einer Aussicht auf feinere Tannine als in den Vorjahren. Bis heute sind Säuregehalt und pH-Wert der weißen Trauben ausgezeichnet, was auf einen sehr guten Jahrgang auch bei den Basisweinen für Schaumweine schließen lässt. „Vom rot vinifizierten Pinot Nero erwarten wir eine spezielle Steigerung der Bukettaromen und eine bemerkenswerte Frische, begünstigt durch ausgeprägte Temperaturschwankungen in den wärmeren Monaten“.
MITTELITALIEN
Vor den Toren von Florenz, auf Torre a Cona in den Colli Fiorentini, verspricht der Jahrgang „gute Qualität, aber mit einer geringeren Produktion im Vergleich zu 2019 und 2020“, so Niccolò Rossi di Montelera, der die klimatischen Eigenschaften des Jahrgangs bestätigt: „die Ernte wird sich nach hinten verschieben, wir werden in der zweiten Septemberhälfte mit dem Merlot beginnen, während Sangiovese und Colorino bis Ende September warten müssen“.
Auf Castello di Brolio, einer Ikone des Chianti Classico, war es aufgrund von Frost- und Dürreproblemen ein komplexes Jahr. „Die bereits Ende August geernteten weißen Trauben waren jedoch qualitativ und quantitativ hervorragend“, erklärt Francesco Ricasoli. „Wir erwarten die Sangiovese-Ernte gegen Mitte September mit kleineren Mengen, was sicher zum Vorteil der Qualität ist. Die geringere Größe der Beeren erinnert an 2017, gleichzeitig haben sie mehr Farbe, intensivere Aromen und eine höhere Konzentration“.
Ein paar Kilometer entfernt betont Giovanni Mazzei, dass dieses Jahr "ein weiterer Beweis für die Fähigkeit unserer Pflanzen ist, schwierigen klimatischen Bedingungen standzuhalten". Insbesondere in der Zone von Siepi, wo "es dank der tiefgründigen Böden und des Tonanteils möglich war, eine deutlich höhere Feuchtigkeit als in anderen Zonen zu erhalten. Die Verfügbarkeit von Wasser für die Wurzeln in Kombination mit der starken nächtlichen Temperaturschwankung zeigte sich in der Qualität der Reifung".
Auf Castello di Querceto in Greve in Chianti führten die typischen klimatischen Probleme dieses Jahrgangs zu einer Reduzierung der erwarteten Menge um ca. 10%. Alessandro François ist vorsichtig dabei, ein endgültiges Urteil zu fällen. Während er auf den Klimaverlauf der nächsten Wochen vor der Lese wartet, bestätigt er: „Die Qualität scheint sehr gut zu sein, aber der auf Höhen zwischen 400 und 520 Metern angebaute Sangiovese braucht noch Zeit“.
In Gaiole im Chianti schlug die Dürre mit sehr hohen Temperaturen zu. Auf dem Gut Bertinga, erklärt uns der Direktor Luca Vitiello: „Die Gestaltung der Laubwand zum Schutz der Trauben und eine gezielte Bearbeitung der Böden haben es den Reben ermöglicht, die Phase der Veraison in diesen Tagen leicht verspätet, aber ohne übermäßigen Stress abzuschließen. Damit ist der Grundstein für eine hervorragende Ernte gelegt, die für die Merlot-Trauben voraussichtlich in den nächsten Tagen und für den Sangiovese in den ersten zwei Oktoberwochen beginnen wird“.
In Montalcino erklärt Emilia Nardi, Eigentümerin von Tenute Silvio Nardi: „Dank agronomischer Vorbereitungsmaßnahmen nach der Ernte 2020 war es möglich, über eine kostbare Wasserreserve zu verfügen, die es den Pflanzen ermöglichte, mit späterem Wassermangel gut zurechtzukommen. Die Trauben zeigen sich heute in überraschender Balance und mit guter vegetativer Entwicklung“.
Gleiche Einschätzungen in Montalcino auf dem Gut Tenuta Luce. Marchese Lamberto Frescobaldi erzählt: „Der Winter 2020/2021 war geprägt von anhaltenden Regenfällen, die die Grundwasserreserven gut auffüllten und der in den Rebzeilen ausgesäten Gründüngung zur Förderung der Biodiversität zu einer guten Entwicklung verhalfen. Die Frühlingstemperaturen blieben bis Juni unter den saisonalen Durchschnittswerten. Die Veraison wurde in großer Homogenität abgeschlossen, eine grundlegende Voraussetzung für die Qualität der Ernte, die für Merlot Ende September und für Sangiovese in der zweiten Oktoberwoche erwartet wird“.
In Richtung Küste, auf den Hügeln um Pisa, liegen die Weinberge der Tenuta di Ghizzano. Ginevra Venerosi Pesciolini ist zufrieden mit den „weißen Sorten, die sich derzeit bei bester Gesundheit befinden, während die Situation bei einigen roten Sorten etwas komplizierter ist. Der Merlot ist bereits im Keller und erscheint uns ausgezeichnet, während wir auf ein wenig Regen für den Sangiovese warten, der so eine ideale Phenolreife erreichen könnte“. Das natürliche Element, das dazu beigetragen hat, kritische Situationen zu überstehen, ist die Art des Bodens, in dem die Reben verwurzelt sind: „Dank unseres Bodens mit einem guten Ton-Anteil wurde das Wasser der Mairegenfälle gespeichert und hilft den Pflanzen, die Sommertrockenheit zu überstehen“.
In Riparbella gelang es dem jungen Weingut Colline Albelle, den Trockenstress dank Trockenfeldbau-Techniken einzudämmen, wie Julian Renaud, Önologe und Direktor des Betriebs, erklärt: „Mitte Mai die Gründüngung schneiden, Pflanzenreste liegen lassen, Reduktion der Triebe zur Verminderung der Verdunstung, Verwendung biodynamischer Präparate, keine Entlaubung. Das alles hat zu einer optimalen Balance mit einer sehr langsamen Reifung der Trauben und einer erwarteten Verzögerung der Ernte um etwa 15 Tage geführt“.
An der Küste bleibend bezeugt Ornellaia in Bolgheri mit den Worten des Gutsdirektors Axel Heinz, dass die einzigartige Beschaffenheit der Böden, tief und mit hohem Kalk- und Lehm-Anteil es den Reben ermöglicht hat, in der Tiefe nach Wasser zu suchen, um die längsten Dürrephasen zu überstehen. Außerdem „begünstigte das sonnige und trockene Wetter die Reifung der weißen Sorten in den am frühesten reifenden Weinbergen“. Schließlich schaffte ein Absinken der Temperatur „die idealen Bedingungen für das Ende der Reifung und gab den roten Rebsorten so Zeit, Perfektion zu erreichen“.
In der Maremma herrscht auch in der Fattoria Le Pupille Genugtuung über eine Situation, die auf einen wahrscheinlich exzellenten Jahrgang hindeutet. „Die Regenfälle Mitte Juli haben für ein Aufatmen gesorgt, indem sie den Wasserstress gemildert und dazu beigetragen haben, den Jahrgang gut zu Ende zu bringen“. So äußert sich zuversichtlich Ettore Rizzi, Agronom und Sohn von Elisabetta Geppetti.
Ebenfalls in der Maremma, auf Castello di Vicarello: Die hügelige Lage der Weinberge schützte sie vor Frühjahrsfrösten und die nächtlichen Temperaturschwankungen während des ganzen Sommers begrenzten die Schäden durch Trockenstress. Brando Baccheschi Berti zeigt sich mit der Qualität der Trauben sehr zufrieden „sehr schöne Säure, pralle Beeren, ein Zeichen dafür, dass sich unsere alten Reben mit tiefen Wurzeln gut behaupten. Das Gefühl sagt, dass es ein guter Jahrgang wird“.
Und im Val d’Orcia, im Reich der Tenuta di Trinoro, wird eine fast perfekte Ernte erwartet! Auch hier waren die typischen Probleme des Jahrgangs anzutreffen, doch der Direktor Calogero Portannese vertraut auf die „grundlegenden Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht, die die Entwicklung von Trauben höchster Qualität ermöglicht haben. Die Ernte ist jedoch noch in weiter Ferne und eine komplette Bestätigung dafür kann erst im Herbst gegeben werden“.
SÜDITALIEN
Auf Sardinien erklärt Massimo Ruggero, CEO des in der Gallura liegenden Weinguts Siddùra, dass es auch hier das Phänomen der Frühjahrsfröste gegeben hat, aber sehr begrenzt: „Dank des spezifischen Mikroklimas des Tals ist die Produktion im Vergleich zum Vorjahr leicht reduziert. Die Trauben sind gesund und am Ende wird ein gutes Produktionsniveau erwartet, fast wie 2020“.
Die Reise endet auf Sizilien. Im historischen Unternehmen der Familie Tasca D’Almerita, auf dem Gut Mozia führte der fehlende Regen zu einer leicht früheren Ernte der weißen Grillo-Trauben. Wie Alberto Tasca erklärt: „hat die traditionelle Form der Bäumchenerziehung es ermöglicht, die Rebe während der langen Trockenperiode zu unterstützen durch eine Einschränkung der Wuchskraft und eine bestmögliche Einteilung der Wasserressourcen. Die Trauben sind vor Sonne geschützt in ausgezeichneter Balance gewachsen“. Für den Nero D'Avola auf der Tenuta Regaleali war der Jahrgang von Anfang an hervorragend mit einem geringen Produktionsrückgang.
Im Gebiet um den Ätna war der Sommer heiß und trocken. Vincenzo Lo Mauro, Direktor des Weinguts Passopisciaro, half den Reben mit einer nächtlichen Notbewässerung. „Die Ernte der Chardonnay-Trauben begann früher, gleich nach dem 15. August. Wir haben perfekte und bukettreiche Trauben in den Keller gebracht, die einen intensiveren und strukturierteren Wein ergeben werden. Für die roten Sorten hoffen wir auf sinkende Temperaturen und Niederschläge, die es ihnen ermöglichen sollten, das richtige Gleichgewicht der Reifung zu erreichen“.
Jetzt ist Warten angesagt.
Foto: Tenuta Luce